Vom 1. August an nimmt NHL.com/de in der Serie 32 in 32 täglich ein Team der Liga mit Blick auf die Saison 2023/24 unter die Lupe. Die zweiteilige Bestandsaufnahme besteht aus einer Analyse der wichtigsten personellen Veränderungen, der Schlüsselspieler, der Stärken und Schwächen, der Playoff-Chancen und einem gesonderten Spielerporträt.
In dieser Ausgabe: Philipp Grubauer von den Seattle Kraken
Mit vielen Vorschuss-Lorbeeren kam Philipp Grubauer als die Top-Verpflichtung zu den Seattle Kraken. Der deutsche Schlussmann hatte 2020/21 eine fantastische Saison mit den Colorado Avalanche abgeliefert. Aus 40 Spielen ging er mit 30 Siegen, 1,95 Gegentoren im Schnitt und einer Fangquote von 92,2 Prozent heraus. Seine Nominierung zum Vezina Trophy Finalisten war eine logische Konsequenz der herausragenden Spielzeit.
Die Kraken sicherten sich 2021/22 vor ihrer ersten Saison die Dienste des Schlussmanns, der ein Free Agent war, und hofften, dass er seine Leistungen wiederholen könne. Die erste Saison in Seattle war jedoch von viel Ernüchterung auf beiden Seiten geprägt. Grubauer fand sich beim Liganeuling hinter einer deutlich weniger sattelfesten Defensive wieder und war dadurch häufiger und intensiver gefordert. Die Statistiken des Schlussmanns litten (88,9 Prozent, 3,16 Gegentore pro Partie) und die Erwartungshaltung der Kraken schien sich nicht erfüllen zu lassen.
"Es hat nicht so funktioniert", resümierte Grubauer in den Playoffs 2023 über die Anfangszeit. "Wir haben ein anderes System gespielt und hatten andere Spieler auf dem Eis. Jeder war neu und alles war etwas anders. Der Kern der Mannschaft war nicht etabliert. Es braucht ein paar Spiele, bis sich alle gefunden haben."
Im zweiten Jahr in Seattle musste sich Grubauer die Starter-Rolle mit Martin Jones teilen. Auf den ersten Blick konnte er seine Statistiken nur marginal verbessern (89,5 Prozent, 2,95 Gegentore, doch es scheint, als ob der Rosenheimer bei den Kraken angekommen ist. 17 seiner 39 Matches konnte er gewinnen und so dafür sorgen, dass Seattle in der zweiten Franchise-Saison erstmals in die Stanley Cup Playoffs einzog.
Ein Grund für die neue Stärke bei Grubauer dürften auch Pferde sein, was im ersten Moment seltsam klingt. Während seiner Zeit in Colorado lernte der Schlussmann die Tiere lieben und engagiert sich auch in Seattle für deren Wohl. Weniger als 35 Kilometer von der Climate Pledge Arena fand Grubauer die Organisation "Save a Forgotten Equine".
"Mit den Pferden zu arbeiten ist ein großer Teil meines Lebens", beschreibt Grubauer die positiven Effekte. "Natürlich wird es auf dem Eis manchmal hart. Man kann nicht jedes Spiel gewinnen und man wird nicht immer so spielen, wie man es möchte. Ich freue mich immer auf Tage wie diesen. Das hält meine Stimmung sehr, sehr ausgeglichen und ich bleibe in einem tollen, ausbalanciertem Mindset."
Die ausgleichende Wirkung der Pferde zeigte sich bei Grubauer in den Playoffs. Das Duell mit den Colorado Avalanche in der ersten Runde 2023 war eine Geschichte, wie sie besser nicht hätte sein können. Der noch nicht herausragende Grubauer traf auf seine ehemaligen Kollegen und ließ sie regelmäßig verzweifeln. Am Ende gewannen die Kraken die Serie mit 4:3, auch dank der erausragenden Leistungen ihres Torwarts.
Dabei war es nicht unerheblich, dass Grubauer die Kontrahenten sehr gut kannte. "Es gibt fünf oder sechs Spieler, bei denen man die Tendenzen kennt und weiß, wonach sie schauen. Man kennt ihre Spielweise, hat sie gesehen und mit ihnen gespielt. Das hilft natürlich. Aber nur weil man es kennt, heißt es nicht, dass sie es auch tun werden. Es ist also etwas kompliziert für beide Seiten." Am Ende hatte Grubauer die besseren Karten und leistete Herausragendes.
"Wir haben in der Kabine immer an ihn geglaubt, die gesamte Saison", unterstrich Morgan Geekie in den Playoffs die Fähigkeiten von Grubauer. "Wir wissen was für ein Torwart er sein kann. Er hat das in den Playoffs definitiv gezeigt. Besonders in Spiel 7 gegen die Avalanche hat er uns in der Partie gehalten, eigentlich sogar in der gesamten Serie."