Jeden Samstag ermöglicht Euch nhl.com/de mit dem wöchentlichen Advanced Analytics Feature einen Blick hinter die Zahlen. Von Schüssen über Tore bis hin zu Eiszeit und darüber hinaus möchten wir Euch die statistischen Trends und Themen näherbringen, um Euer NHL-Wissen zu erweitern. In dieser Ausgabe analysieren wir den Einfluss der Anzahl an Spielen auf die Leistung der Goalies.
Fluch oder Segen? Goalies als Vielspieler
Spielrhythmus kontra Frische - Die Suche nach der richtigen Mischung
Die Bezeichnung "Stammtorwart" trifft in der Saison 2017/18 auf Henrik Lundqvist (New York Rangers, 57 Spiele), Andrei Vasilevskiy (Tampa Bay Lightning, 56 Spiele), Frederik Andersen (Toronto Maple Leafs, 56 Spiele), Sergei Bobrovsky (Columbus Blue Jackstes, 55 Spiele) und Connor Hellebuyck (Winnipeg Jets, 55 Spiele) mehr zu als auf alle anderen NHL-Goalies. Sie sind die Vielspieler in der aktuellen Spielzeit und glänzen dabei mit guten Statistiken.
Einen müden Eindruck macht das Quintett trotz jeweils schon weit über 3000 Minuten Spielzeit noch nicht. Die Statistik jedes einzelnen Schlussmanns weist über 91,5 Prozent Fangquote und weniger als durchschnittlich drei Gegentore pro Spiel aus. Lundqvist (91,6 Prozent Fangquote, 2,92 Gegentore/Spiel, zwei Shutouts), Vasilevskiy (92,5 Prozent, 2,45, sieben), Andersen (91,9 Prozent, 2,78, fünf), Bobrovsky (92,0 Prozent, 2,43, vier) und Hellebuyck (92,3 Prozent, 2,39, sechs) zählen zu den besten Torhütern der Liga. Das schlägt sich auch auf den Erfolg ihrer Mannschaft nieder: Bis auf die Rangers sind alle Klubs auf Playoff-Kurs.
Auswirkungen auf die Playoffs
Doch könnte diesen Vielspielern in der entscheidenden Phase der Saison nicht die Luft ausgehen? Im Vorjahr waren Cam Talbot (Edmonton Oilers, 73 Spiele, 91,9 Prozent Fangquote, 2,39 Gegentore/Spiel, sieben Shutouts), Andersen (66, 91,8 Prozent, 2,67, sieben) und Martin Jones (San Jose Sharks, 65, 91,2 Prozent, 2,4, zwei) die am häufigsten eingesetzten Torhüter. Auch wenn alle drei Goalies mit ihren Teams in der Endrunde nicht weit kamen, konnten Talbot (92,4 Prozent, 2,48, zwei), Andersen (91,5 Prozent, 2,68, null) und Jones (93,4 Prozent, 1,75, einen) ihre Statistiken halten und teilweise sogar ausbauen.
Ganz anders war die Entwicklung in der Saison 2015/16, wo die Dauerbrenner Jonathan Quick (Los Angeles Kings, 68 Spiele, 91,8 Prozent Fangquote, 2,22 Gegentore/Spiel, fünf Shutouts), Devan Dubnyk (67, 91,8 Prozent, 2,33, fünf) regelrecht einbrachen (88,6 Prozent, 3,04, null bzw. 87,7 Prozent, 3,34, null) und sich bereits in der ersten Playoff-Runde verabschiedeten.
2014/15 wiederum ereilten Braden Holtby (73, 92,3 Prozent, 2,22, neun) und Jonathan Quick (72, 91,8 Prozent, 2,24, sechs) unterschiedliche Schicksale: Während Holtby seine Statistiken in der Endrunde noch aufpolieren konnte (94,4 Prozent, 1,71, einen), verpasste Quick die Playoffs mit den Kings komplett.
Rotation als modernes Stilmittel
Ein statistischer Zusammenhang aus vielen Spielen und späteren Erfolg in den Playoffs lässt sich also nur schwer nachweisen. Manche Trainer sind aber überzeugt davon, dass eine zu einseitige Belastung des Starters zu Müdigkeit und somit zu einem früheren Ausscheiden in der Endrunde führen könnte und setzten deshalb auf eine gleichmäßigere Goalie-Rotation.
Durchaus erfolgreiche Beispiele dafür liefern aktuell die San Jose Sharks mit Jones (47 Spiele, 91,7 Prozent Fangquote, 2,49 Gegentore/Spiel, vier Shutouts) und Aaron Dell (26, 91,4 Prozent, 2,65, zwei), die New Jersey Devils mit Cory Schneider (38, 91,2 Prozent, 2,81, einen) und Keith Kinkaid (28, 90,3, 2,99, null) sowie die Colorado Avalanche mit Semyon Varlamov (41, 91,3 Prozent, 2,87, zwei) und Jonathan Bernier (30, 91,3 Prozent, 2,82, zwei), wobei hierbei auch teilweise Verletzungen der Grund dafür waren.
Auch dieses moderne Torwart-Konzept überzeugte schon in der Vergangenheit: So holten die Pittsburgh Penguins in den letzten beiden Jahren zwei Stanley Cups, weil sie mit Matt Murray und Marc-André Fleury zwei ähnlich starke Top-Torhüter in ihren Reihen wussten. Im Vorjahr machte Murray beispielsweise 49 Spiele (92,3 Prozent, 2,41, vier) in der regulären Saison während Fleury 38-mal zum Zug kam (90,9 Prozent, 3,02, einen). Auch in den Playoffs teilten sich beide Keeper die Einsatzzeiten und waren somit bis zum Ende frisch: Murray (elf, 93,7 Prozent, 1,70, drei) und Fleury (15, 92,4, 2,56, zwei) konnten sich sogar noch steigern. Das Jobsharing zwischen den Pfosten brachte am Ende den Stanley Cup.
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Brodeur als Vorbild?
Dass auch der klassische Weg zum Erfolg führen kann, wollen in diesem Jahr Vasilevskiy, Andersen, Bobrovsky und Hellebuyck zeigen. Sie wandeln auf den Spuren von Altmeister Martin Brodeur. Der damalige Schlussmann der New Jersey Devils kam in der Hauptrunde regelmäßig auf über 70 Spiele und stellte in der Saison 2006/07 mit 78 Spielen (!) einen bis heute standhaften NHL-Rekord auf. Den Stanley Cup gewann der ultimative Vielspieler allerdings schon im Jahr 2003 - mit 73 Partien in der regulären Saison. Die Frage, ob Frische oder Spielrhythmus zum Erfolg führt, wird auch in dieser Spielzeit eine spannend zu beantwortende sein.