ovechkin

Dennis Seidenberg hat als Höhepunkt seiner Karriere im Jahr 2011 als zweiter Deutscher den Stanley Cup gewonnen. Der heutige Entwicklungstrainer der New York Islanders wird in einer monatlichen Kolumne exklusiv für NHL.com/de seine Ansichten zu Teams, Spielern und brennenden Fragen teilen.

Hier die dritte Ausgabe 22/23:
Mit Thanksgiving ist das erste Viertel der NHL-Saison Geschichte und erste Tendenzen zeichnen sich ab. Die Boston Bruins und Vegas Golden Knights legten am Montag ein tolles Spitzenspiel auf das Eis, in dem die Golden Knights bei der erstmaligen Rückkehr ihres Trainers Bruce Cassidy nach Boston, die Rekordserie der Bruins zum Saisonauftakt, nach 14 Heimsiegen, im Shootout beendeten.
Die Bruins haben offensichtlich die richtige Mischung in diesem Jahr gefunden. Sie haben ein sehr ausbalanciertes Team. Das Schöne ist, dass sie nach all den Jahren mit den Routiniers Patrice Bergeron und Brads Marchand so dominant sind und wissen, wie man Spiele gewinnt. Sie haben viel Erfahrung im Team und ein gutes Leadership, was sich momentan darin widerspiegelt, wie sie auftreten.
Für mich war auch überraschend, dass sie im Sommer Cassidy entlassen haben. Sie waren aber der Meinung, dass die Mannschaft eine neue Stimme braucht. Vier Jahre sind eine lange Zeit für einen Trainer mit denselben Führungsspielern zu arbeiten. Da schleifen sich gewisse Dinge ein. Wir sehen es bei uns bei den New York Islanders, wo jetzt mit Lane Lambert ein ehemaliger Assistenztrainer das Sagen hat und einfach etwas offensiver spielen lässt. Damit hat er mehr Erfolg, obwohl nahezu dasselbe Personal da ist.

Alex Ovechkin stürmt auf die 800 Tore und die Marke von Gordie Howe von 801 auf Platz 2 der ewigen Torjägerliste zu. Ich hatte vor zwei Jahren bei einer Umfrage gesagt, dass Ovi die 894 Tore von Wayne Gretzky nicht schaffen wird, aber ich muss sagen, man könnte langsam daran glauben. Auch in dieser Saison liegt der Stürmer der Washington Capitals mit knapp 0,6 Toren pro Spiel bei seinem Karriere-Durchschnitt und wird nicht langsamer, obwohl sein üblicher Passgeber Nicklas Backstrom verletzt ist. Er spielt ein schlaues Eishockey, energiesparend sozusagen. Er weiß, wo er stehen muss, um Tore zu schießen. Auch wenn jeder weiß, was kommt und wo er steht, so ist es schwer zu unterbinden.
Ich bleib aber nach wie vor dabei, dass er es nicht schaffen wird, weil ihm immer noch 101 Tore zu Gretzky fehlen. Es wird definitiv nicht leichter für ihn und weitgehend verletzungsfrei muss er auch bleiben. Es wäre zwar schön für das Eishockey, aber die Entfernung ist schon noch groß, vielleicht zu groß. Er weiß, wo das Tor steht und kann es schaffen, aber es wird eng für ihn.

WSH@VAN: Ovechkin mit seinem 2. Tor des Tages

Weniger konstant war in den letzten Jahren Erik Karlsson, der plötzlich wieder ganz stark auftrumpft. Für mich verständlich, nachdem der Verteidiger der San Jose Sharks immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte. Wenn man gesund ist, dann hat man seinen Rhythmus und mit diesem gewinnt man Selbstvertrauen. Das wiederum ist wichtig für sein gesamtes Spiel und den Umgang mit dem Puck. Dann spielt man die richtigen Pässe und findet die Lücken beim Schuss. Wenn es nicht so läuft, dann fehlt das letzte Gefühl und es gelingt nichts so gut. Von dem her macht es Sinn, dass er wieder besser auftritt, nachdem er gesund ist.
Die Ottawa Senators mit Tim Stützle und die Buffalo Sabres mit JJ Peterka finden sich am Ende der Atlantic Division wieder. Ich habe von beiden Teams zu Saisonbeginn mehr erwartet. Ich glaube, dass die Senators noch ein bis zwei Jahre brauchen werden, um konstant Siege einzufahren. Sie haben ein paar erfahrene Spieler geholt und einen guten Pool aus jungen Leuten, aber es braucht Zeit bis der Erfolg sich einstellt.

SJS@OTT: Stützle sorgt für Führung im Powerplay

Die Sabres habe ich besser eingeschätzt, denke aber, dass sie noch um die Stanley Cup Playoffs mitspielen werden. Dort sollte die Qualität im Saisonverlauf noch besser werden, dass sie zumindest in dem Kampf eintreten können. Das sehe ich bei Ottawa derzeit nicht.
Etwas überraschend war, dass Lukas Reichel nach seiner starken AHL-Saison im vergangenen Jahr zurück ins Farmteam musste, obwohl die Chicago Blackhawks im Neuaufbau sind. Dort knüpft er jetzt an seine starken Leistungen an. Klar, jeder will in der NHL spielen, aber ich glaube, es ist für ihn von Vorteil noch etwas AHL zu spielen. Ich war überzeugt davon, dass er gegen Ende der Saison seine Chance erhalten wird. Jetzt durfte er am Dienstag schon sein Saison-Debüt für die Blackhawks feiern. Er kann nun mit viel Selbstvertrauen in die Liga kommen und hoffentlich überzeugen.
Für Leon Gawanke von den Manitoba Moose (Winnipeg Jets) habe ich nur den Tipp weiter geduldig zu sein und seine Leistung in der AHL zu bringen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung und musste mich auch ein paar Jahre im Farmteam durchkämpfen. Als Verteidiger gibt es nur sechs bis sieben freie Plätze, was den Sprung noch schwerer macht. Doch weiter hart zu arbeiten und Leistung zu bringen, hat sich am Ende schon immer ausbezahlt.