Eine wahrlich ungewöhnliche Situation, die die Vegas Golden Knights aktuell erleben dürfen. Während sie nach dem 2:1-Erfolg vom Sonntag in Winnipeg, der das 4:1 in der Serie der Golden Knights im Western Conference Finale gegen die Winnipeg Jets unter Dach und Fach brachte, derzeit die Beine ein paar Tage lang hochlegen können und einmal kräftig durchpusten können, kämpfen im Eastern Conference Finale aktuell noch die Washington Capitals und die Tampa Bay Lightning darum, der zweite Finalteilnehmer sein zu dürfen.
Golden Knights erwarten Washington oder Tampa Bay
Vegas fühlt sich zwar als Außenseiter im Stanley Cup Finale, ist es auf dem Papier aber gar nicht
© Jonathan Kozub/Getty Images
Nach dem jüngsten 3:0-Erfolg der Caps vom Montag, geht diese Serie am Mittwoch in ein alles entscheidendes siebtes Spiel, nachdem es dort nach Siegen derzeit 3:3-Unentschieden steht. Die Golden Knights können die günstige Gelegenheit nutzen und ihren Gegner einmal gründlicher unter die Lupe zu nehmen, sich taktisch bestmöglich auf die Konkurrenz einstellen.
"Vor acht Monaten, da haben wir zur Saisonpremiere in Dallas gewonnen. Das war ein unbeschreibliches Gefühl", erinnert sich Pierre-Edouard Bellemare. "Wir sind immer noch nicht satt. Wir wollen immer das nächste Spiel gewinnen. Daran hat sich in den acht Monaten nichts geändert."
Jetzt, wo das Franchise erst zur dritten Organisation in der Ligageschichte wurde, das es in seiner Premierensaison auf Anhieb bis in das Stanley Cup Finale geschafft hat, dies gelang zuvor lediglich den Toronto Arenas (1918) und den St. Louis Blues (1968), da erscheint auch der Titelgewinn mehr als greifbar. Lediglich vier weitere Siege fehlen dem jungen Team dazu noch.
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"Egal gegen wen wir antreten, wir werden nicht der Favorit sein", versuchte Jonathan Marchessault kürzlich die Rolle des Außenseiters einzunehmen. "So war das doch schon das ganze Jahr über. Washington spielt ein tolles Eishockey, und Tampa Bay ist schon das ganze Jahr über ein Top-Team in der Liga. Uns ist es recht, dass wir da der Außenseiter sind, egal wer es dann am Ende werden wird, gegen den wir spielen dürfen."
Doch stimmt das eigentlich? Zweifel erscheinen zumindest angebracht.
Klar, auf dem Papier ist ein Team, das zum Saisonstart noch eine Wettquote von 500:1 auf den Stanley Cup Gewinn in seiner Premierensaison hatte, sicherlich nicht so schnell der Topfavorit, doch die Leistungen der letzten Wochen zeigen eindrucksvoll, dass Vegas in einer Finalserie, gegen wen auch immer, sicherlich kein Underdog sein wird.
Die Golden Knights beendeten die Liga zwar nur auf Platz fünf in der NHL, doch schalteten sie mit Winnipeg gerade erst die Nummer 2 aus, und diese ließen zuvor mit den Nashville Predators der Nummer 1 in Sachen Punkteausbeute das stärkste Team der Liga vorzeitig in die Sommerpause gehen.
Zudem beendete Vegas alle seine drei bisherigen Playoffserien auf des Gegners Eisfläche, sprich auswärts. Dies gelang zuvor erst sechs NHL-Teams in der über einhundertjährigen Geschichte der Liga.
Die Playoff-Statistik von 12:3 Siegen spricht zudem eine eindeutige Sprache. Zusätzlich zeigt die Tordifferenz in der KO-Phase mit 42:27 Treffern die Leistungsstärke der Mannschaft.
Torhüter Marc-Andre Fleury war wiederholt der spielentscheidende Faktor der Golden Knights, verbuchte in den zwölf Siegen immerhin vier Shutouts und eine Fangquote von knapp 95%. Sein Gegentorschnitt von nur 1,68 spricht zudem Bände. Das sind, egal ob mit den Zahlen von Braden Holtby (91,9%) oder Andrei Vasilevskiy (92%) verglichen, keine Bilanzen eines Underdogs!
"Es ist bisher eine unglaubliche Reise gewesen", freute sich auch Coach Gerard Gallant nach dem Weiterkommen gegen die Jets. "Doch das Finale ist nicht unser Ziel gewesen. Wir wollen weiter, wir wollen den Stanley Cup, dafür sind wir angetreten."
Doch gegen wen muss Vegas sich dann ab dem 28. Mai durchsetzen? Das ist aktuell die große Frage.
Das 3:0 der Capitals gegen die Lightning vom Montag lässt diese Frage in diesen Stunden offener denn je erscheinen. Beide Kontrahenten liefern sich eine wahrlich ungewöhnliche Serie, in der es in den ersten sechs Spielen erst zwei Heimsiege gab. Beide Teams scheinen mit dem Druck vor den eigenen Fans abliefern zu müssen bisher nicht wirklich gut klarzukommen. Ganz im Gegensatz zu den Golden Knights, die auch in der T-Mobile Arena in der Spielerstadt überzeugende Spiele abliefern konnten.
Zudem spricht zusätzlich die Statistik der Hauptrunde durchaus zu Gunsten des West-Finalisten. Beide Duelle gingen jeweils mit 2:0 Siegen an Vegas. Weder den Lightning von Trainer Jon Cooper noch den Capitals von Coach Barry Trotz gelang es folglich bisher überhaupt einen einzigen Vergleich mit dem Expansion Team des vorherigen Sommers zu gewinnen.
Selbst wenn der Gegner aus dem Osten aktuell nicht feststeht, blicken die Vertreter der Golden Knights dadurch entsprechend selbstbewusst auf die anstehenden maximal sieben Duelle.
"Wir freuen uns auf diese Spiele, egal gegen wen es gehen wird", strahlte auch General Manager George McPhee. "Wir wollen weiterhin Geschichte schreiben, sind optimistisch, dass unser guter Lauf so rasch nicht enden wird."
Fakt ist, der Weg der Capitals in dieses alles entscheidende Spiel sieben der Eastern Conference war der deutlich ungewöhnlichere. Einen 2:0-Serienvorsprung, den sich das Team auswärts zunächst erspielt hatte, gegen die Bolts daheim wieder völlig zu verspielen, dann aus einem zwischenzeitlichen 2:3-Serienrückstand heraus sogar noch einmal ein alles entscheidendes Spiel 7 erzwingen zu können, das bedarf schon besonders viel Energie und dazu auch massig Charakter in der Mannschaft, wenn der bisherige Serienverlauf insgesamt auch bar jeder Konstanz zu sein scheint.
Dass das große Finale für Washington nun auswärts in der Amalie Arena von Tampa Bay stattfinden wird, das muss nach den jüngsten Erfahrungen für die Gäste kein Nachteil sein, die schon die beiden ersten Spiele der Serie dort gewonnen hatten, dadurch wissen dürften, wie das grundsätzlich funktionieren kann.
Die bisherige Performance der Lightning muss den Golden Knights jedoch ebenfalls keine große Angst machen. Ihre offenkundige Heimschwäche gegen die Hauptstädter jüngst, dürfte Vegas massiv in die Hände spielen. Sollte sich das Team aus Florida hier durchsetzen, es wäre, trotz seiner bekannt starken Hauptrunde für die Gallant-Truppe sicherlich keine grundsätzlich unüberwindliche Hürde in Richtung Cup.
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Auf dem Papier haben also sowohl die Caps rund um Superstar Alex Ovechkin mit ihren Siegen in den Runden zuvor, als auch die Lightning rund um Steven Stamkos natürlich ihre grundsätzlich sehr guten Möglichkeiten bewiesen, doch zeigte gerade der Verlauf des Eastern Conference Finales, dass beide Teams in der Tat ihre Schwächen haben. Schwächen, die die Golden Knights durchaus auszunutzen in der Lage sein könnten. Egal, wer ihr Gegner im großen Finale dann am Ende sein wird.