Winnipeg Jets v Edmonton Oilers - Game Two

Dominik Kahun hat im deutschen Eishockey seine Spuren hinterlassen: Mit dem EHC Red Bull München feierte er drei Deutsche Meisterschaften hintereinander (2016, 2017, 2018), mit der Nationalmannschaft holte er Olympia-Silber (2018) und WM-Silber (2023). Der 29-Jährige Stürmer spielte zwischen 2018 und 2021 auch drei Jahre in der NHL für die Chicago Blackhawks, Pittsburgh Penguins, Buffalo Sabres sowie Edmonton Oilers und absolvierte 186 Spiele (34-49-83). 2021 wechselte der 1,80 Meter große Linksschütze zum SC Bern in die Schweizer NL. In der Vorsaison schloss er als Top-Scorer seines Teams ab, fand sich im ersten Saisonspiel 2024/25 aber überraschend als „Healthy Scratch“ auf der Bank wieder.

Mit NHL.com/de sprach Kahun über aktuelle Wechselgerüchte, seine Zeit in der NHL, die Verbindung zu Leon Draisaitl und das nächste Duell mit der Schweizer Nati.

Servus Dominik! Aktuell laborierst du an einer Handverletzung. Wie geht es dir und ist ein Comeback schon absehbar?

Es war bitter, gleich am Anfang der Saison verletzt zu sein. Passiert ist es bei einem geblockten Schuss, ich habe sofort gemerkt, dass etwas nicht gestimmt hat. Ich war schon ziemlich früh wieder zurück auf dem Eis, konnte mit Eislaufen aufbauen, den Schläger aber lange nicht in die Hand nehmen. Vor ein paar Tagen habe ich wieder mit Stickhandling angefangen. Bald darf ich auch wieder schießen.

In der Vorsaison warst du mit 50 Punkten (15-35-50) in 47 Spielen der Top-Scorer beim SC Bern, warst zum Start der aktuellen Spielzeit aber auf der Tribüne. Was ist passiert?

(Lacht) Gute Frage. Mittlerweile muss ich selbst darüber lachen, denn es war hier ein großes Thema in den Medien, das aber bereits hinter mir liegt. Natürlich war das damals nichts Angenehmes. Ich war geschockt und ein bisschen unzufrieden. Es wurde kommuniziert, dass wir aufgrund vieler Ausländer im Team rotieren werden. Der Trainer hat entschieden, dass ich der erste bin, der sitzen muss. Das kam schon überraschend für mich, weil ich mich in der Vorbereitung überragend gefühlt habe. Wir haben viele neue Importspieler und es war der Wunsch, dass diese Jungs anfangen sollten. Das konnte ich nicht so gut verstehen. Ich hatte es aber nicht nötig, mich lange aufzuregen, denn zwei Tage später habe ich schon wieder gespielt. Auch wenn ich bald zurückkehre, wird es wieder Rotationen geben. Wenn unser schwedischer Torwart Adam Reideborn spielt, dann muss ein ausländischer Feldspieler sitzen. Wir werden uns also immer wieder abwechseln müssen. Es kann also passieren, dass ich nicht immer spielen werde.

Edmonton Oilers v Winnipeg Jets

Bis zu deiner Verletzung hast du drei Spiele (0-1-1) absolviert. Gleichzeitig ist der SC Bern mit Platz 5 voll auf Playoff-Kurs. Wie schätzt du deine persönliche Lage und die deines Teams ein?

Ich bin jetzt in meinem vierten Jahr hier und muss sagen, dass wir den besten Kader seitdem haben. Der fünfte Platz ist sehr gut, denn die Schweizer Liga ist ausgeglichener denn je, da geht es ganz schnell nach oben oder unten. Unsere Mannschaft ist gut, wir haben einen tief-besetzten Kader. Persönlich denke ich, dass ich einen sehr guten Sommer hatte. Von der Fitness her habe ich mich nie besser gefühlt. Deswegen war ich auch so überrascht, dass ich nicht spielen durfte. In meinem dritten Spiel hatte ich vielleicht 50 Sekunden Eiszeit und habe mich gleich im zweiten Wechsel verletzt. Ich kann also recht wenig sagen, außer, dass ich schon wieder auf dem Eis stehe und ich mich wirklich gut fühle. Es wird aber ein wenig dauern, bis ich mich mit dem Puck wieder wohlfühle.

Es ist deine vierte Saison in der NL. Wie gut ist dein Schwyzerdütsch?

(Lacht) Ich verstehe schon fast alles. Der Akzent ist überall anders, hier wird Berndeutsch gesprochen. Wenn die Jungs nicht übertrieben schnell untereinander sprechen, bekomme ich alles mit. Ich selbst spreche eigentlich gar kein Schwyzerdütsch, die Jungs verstehen mich auch so.

Dein Vertrag in Bern läuft bis 2027, also noch zweieinhalb Jahre. Du selbst hast erst im Sommer gesagt, dass du dich in der Schweiz siehst. Was sagst du zu den derzeit kursierenden Wechsel-Gerüchten?

(Lacht) Das ist auch wieder eine lustige Geschichte, denn du bist nicht der Erste, der diese Frage stellt. Ich denke, dass diese Gerüchte immer noch von diesem ersten Saisonspiel kommen. Wäre ich erst im fünften oder sechsten Spiel rausrotiert, wären diese nie entstanden. Durch den Saisonstart auf der Tribüne brodelte die Gerüchteküche. Angefangen hat es damit, dass ich nach München gehen könnte. Ich habe von dort sofort Nachrichten von den Spielern bekommen, ob das stimmt. Dieses Gerücht machte auch in der Schweiz schnell die Runde. Es wurde viel geschrieben, aber ich habe mit niemanden gesprochen.

Wie eng sind denn deine Kontakte zu deinem Ex-Klub nach München?

Natürlich sind die eng. Aber auch nach Mannheim oder Berlin, weil ich überall meine Freunde habe, mit denen ich auch in der Nationalmannschaft spiele. Dadurch, dass ich selbst in München gespielt habe, kenne ich die Jungs. Wir sind ständig in Kontakt. Ein Wechsel war aber nie ein Thema. Ich habe hier in Bern Vertrag und nie geplant, wegzugehen.

Zwischen 2018 und 2021 hast du drei Jahre in der NHL die Schlittschuhe geschnürt. Ist für dich das Kapitel NHL schon abhakt oder besteht noch die Hoffnung auf eine Rückkehr?

Ganz allgemein sollte man niemals nie sagen im Leben. Man weiß nie, was passieren kann. Wenn ich ehrlich bin, mache ich mir aber nullkommanull Gedanken darüber. In meinem ersten Jahr hier hatte ich noch eine Ausstiegsklausel für die NHL. Diese wurde mit dem neuen Fünfjahresvertrag geändert, sodass eine Ablösesumme fällig wäre. Ich werde im Sommer 30 Jahre alt, da passiert es nicht so häufig, dass man als Free Agent in der NHL unterkommt. Ich mache mir überhaupt keine Hoffnungen mehr. Mein Fokus ist da, wo ich Vertrag habe.

Hast du schon eine Antwort auf die Frage gefunden, warum es damals nicht mit einer dauerhaften NHL-Karriere klappen sollte?

Klar, manchmal habe ich das noch im Kopf und denke darüber nach, denn es war immer mein Traum, da zu spielen. Am Ende des Tages war es aber eine Entscheidung von mir selbst. Ich hätte nochmal einen Vertrag in der NHL unterschreiben können, aber mir waren Faktoren wie Eiszeit und meine Rolle wichtiger. In meinem letzten Jahr in der NHL lief es nicht so gut für mich, ich habe nicht so gespielt, wie ich es gewohnt bin und war mit meiner Leistung nicht zufrieden. Deswegen habe ich die Entscheidung getroffen, nach Europa zu gehen und schnell gemerkt, welche Rolle ich in Bern gespielt habe. Mein Ziel war anfangs, von Bern aus binnen eines Jahres den Schritt zurück in die NHL zu machen. Das hat nicht funktioniert, gleichzeitig hatte ich so unglaublich viel Spaß am Eishockey hier, dann kam das langfristige Angebot. Ich fühle mich hier wohl, die Schweizer Liga hat einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht. Ich bin mir sicher, dass die NL die beste Liga in Europa ist.

Es gab damals also Angebote aus der NHL?

Im Sommer hatte ich mehrere Optionen. Ich hatte mit meinem Berater ausgemacht, dass wir uns alles anschauen: Angebote aus der NHL und aus Europa. Dadurch, dass mein letztes Jahr in der NHL nicht so erfolgreich war, wussten wir natürlich, dass die Angebote aus der NHL welche waren, bei denen ich nicht sicher gespielt hätte. Einerseits wollte ich unbedingt in der NHL bleiben und hätte mir meinen Platz gerne in den Training Camps erkämpft wie schon in den drei Jahren zuvor. Andererseits hatte ich mir irgendwie in den Kopf gesetzt, wieder der Nummer-1- oder Nummer-2-Center zu sein und im ersten Powerplay spielen zu wollen. Diese Gefühle haben dann Oberhand genommen. Ich habe mich schlussendlich mit dem Kopf und dem Herz für Bern entschieden.

Du hast das Trikot der Chicago Blackhawks, Pittsburgh Penguins, Buffalo Sabres und Edmonton Oilers getragen. Wo hat es dir am besten gefallen und warum?

Das werde ich oft gefragt und ich antworte immer wieder Chicago. Es war die geilste Stadt, um NHL-Hockey zu spielen - eine Wahnsinnsstadt, eine bekannte Organisation mit vielen Erfolgen. Hinzu kommt, dass es meine erste Station war. Nichtsdestotrotz war es auch in Pittsburgh toll mit Spielern wie Sidney Crosby oder Evgeni Malkin. Sid war schon immer mein großes Vorbild. Mit ihm das Eis zu teilen, war unglaublich! Buffalo war wieder etwas ganz Anderes. Dort wurde kein Stanley Cup erwartet. Meine Position und Rolle war plötzlich viel größer als zuvor. Leider habe ich nur ein paar Spiele gemacht, ehe die Coronavirus-Pandemie die Saison beendet hat. In Edmonton war ich wieder mit Leon zusammen, mit dem ich schon früher zusammengespielt hatte. Er und Connor McDavid sind zwei der besten Spieler der Welt. Schade, dass es das Covid-Jahr ohne Zuschauer war. Bei den Oilers ist bestimmt die beste Stimmung in der gesamten Liga. Das hätte ich gerne miterlebt. Im Rückblick war alles ein Highlight.

Edmonton Oilers v Winnipeg Jets

Mit Leon Draisaitl stand ein ehemaliger Mitspieler in Edmonton sowie ein langjähriger Reihenkollege im Junioren-Bereich im Stanley Cup Finale. Wie sehr hast du mitgefiebert?

Klar habe ich mitgefiebert. Ich bin mit Leon viel in Kontakt, auch wenn es durch die Zeitverschiebung nicht immer einfach ist. Wir schreiben uns ab und zu. Schon als ich noch da war, waren die Ziele hoch und der Stanley Cup wurde mehr und mehr zum Ziel. Man konnte schon damals sehen, dass sie sich annähern. Jeder weiß, dass es unglaublich war, in der Finalserie von 0-3 auf 3-3 zurückzukommen. Umso schlimmer, dass dann das Game 7 verloren wurde. Es war unglaublich, wie sie zurückgekommen sind. Hut ab vor dem, was Leon und McDavid veranstaltet habe. Sie spielen in einer ganz anderen Liga.

EDM@TOR: Draisaitl trifft spät im dritten Drittel

Wer zählt für dich zum Favoritenkreis für den Stanley Cup Sieg 2025?

In dieser Liga ist das unglaublich schwer zu sagen. Ich schaue mir täglich NHL-Highlights an und weiß, wer gerade heiß ist. Die Tabelle kenne ich jetzt aber nicht auswendig. Winnipeg hatte den besten Start aller Zeiten, man muss sie auf dem Zettel haben. Für mich wird Edmonton wieder weit kommen, auch wenn sie nicht den besten Start hatten, sie werden sich wieder fangen. Florida wird wieder unangenehm sein. Auch Nashville hat viel ausgegeben und wird all-in gehen. Klar hatten sie einen schlechten Start, aber wenn sie in die Playoffs kommen, können sie beißen.

Du hast selbst zwei Spiele in den Stanley Cup Playoffs absolvieren dürfen. Warum ist es hier noch schwieriger, zu gewinnen?

Es hat einen unglaublichen Hype mit den Medien und dem Drumherum. Es ist die beste Liga der Welt. Für mich waren es nur zwei Spiele und durch die Covid-Saison auch noch ohne Fans. Ich kann mir kaum vorstellen, wie es ist, wenn die Hallen voll sind. Das Tempo, die Härte, die Vorbereitung und der mentale Aspekt - es ist eine neue Saison und eine ganz andere Welt. Jeder Zweikampf wird zu Ende gespielt, oftmals werden nicht mehr so viele Fouls gepfiffen, also wird mehr 5-gegen-5 gespielt, was es schwieriger macht. Man muss bereit sein, es ist ein ganz anderes Level. Man sagt nicht umsonst, dass man diese 82 Hauptrunden-Spiele dafür spielt und trainiert, um dann beim Höhepunkt des Jahres dabei sein zu dürfen.

Mit Tim Stützle, JJ Peterka und Moritz Seider haben sich junge Deutsche als Top-Spieler in der NHL etabliert. Wie siehst du die Karriere dieses Trios?

Ich würde da auch Leon noch mit reinnehmen. Er zählt zu den Top-3- oder Top-5-Spielern auf der Welt. Es ist beeindruckend, wen das deutsche Eishockey mittlerweile in der Liga hat: Mo ist ein Top-Verteidiger und seit zwei, drei Jahren komplett etabliert. Er gehört zu den Besten und hat sich den Respekt verdient. Tim zählt zu den besten Scorern der Liga. JJ hat einen unfassbaren Schritt nach vorne gemacht. Mit seinen Qualitäten ist er ein unglaublicher Offensivspieler. Darauf kann man echt stolz sein.

MTL@BUF: Peterka stürmt zum Tor und versenkt einen schönen Rückhandschlag, der den Sabres im 3. Durchgang die Führung bringt

Lass‘ uns noch kurz über die Nationalmannschaft sprechen: Was musstest du dir eigentlich von deinen Team-Kollegen anhören, nachdem die Schweiz ihren Angstgegner Deutschland im WM-Viertelfinale endlich mal besiegen konnte (1:3)?

(Lacht) Ehrlich gesagt nichts. Die Jungs sind respektvoll damit umgegangen, so gehört es sich auch. Natürlich macht man ab und zu Späßchen. Wir haben zuvor ja auch ein paar wichtige Spiele gewonnen, da war es von meiner Seite aus genauso. Es ist viel Respekt da, hätte ich damals einen blöden Spruch gebracht, hätte ich diesen sicher jetzt zurückbekommen. Für mich war es schon hart, ich war sehr enttäuscht. Sie sollen es genießen: Sie haben sich den Sieg verdient und sind auch verdient ins Finale gekommen.

Wie sehr freust du dich auf ein Wiedersehen bei der Weltmeisterschaft 2025?

Es ist natürlich immer ein besonderes Duell. Das war auch schon so, bevor ich in Bern gespielt habe. Seitdem ich hier bin, ist es aber noch persönlicher geworden, denn ich kenne fast alle Spieler aus dem Ligabetrieb. Dadurch ist es für mich noch schwerer geworden, denn sie kennen mich ja mittlerweile. Deutschland gegen Schweiz, da gibt es immer eine gewisse Härte und Atmosphäre. Auch in den Medien wird es hochgeschaukelt. Es macht immer Spaß und wird auch jetzt wieder cool sein. Ich glaube, wir sind vielleicht sogar im selben Hotel. Ich freue mich sehr darauf!

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