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NHL.com/de hat sich im Rahmen der European und North American Player Media Tours mit einigen der besten Spieler aus der NHL zu längeren Gesprächen getroffen. Mit diesen Exklusivinterviews werden wir euch im September auf die bevorstehende Saison 2019/20 einstimmen.
In dieser Ausgabe David Pastrnak von den Boston Bruins.

Nimmst du uns bitte zunächst einmal ein wenig mit hinein in deine Offseason?
Im Großen und Ganzen lief alles wie immer. Vier Wochen habe ich gefaulenzt und Zeit mit meiner Familie und Freunden verbracht. Danach habe ich begonnen, mich langsam auf die neue Saison vorzubereiten. Ich habe in Prag mit einem Coach an meiner Fitness gearbeitet. Die Zeit vergeht unglaublich schnell. Jetzt ist es fast schon wieder soweit. Ich freue mich sehr auf die kommende Spielzeit.
Ihr wart nur einen Sieg vom Stanley Cup entfernt… Ist das schwer zu verarbeiten oder will man das so schnell es geht abhaken?
Das ist wirklich traurig und frustrierend gewesen. Es tut enorm weh, womöglich für immer und ewig. Aber natürlich müssen wir jetzt nach vorne schauen, versuchen noch besser zu werden und alles daransetzen, eine weitere Gelegenheit zum Titelgewinn zu bekommen.

BOS@STL, Sp6: Pastrnak nutzt Marchands Vorlage

Welche Lehren sind aus der Niederlage zu ziehen?
Wenn man so weit gekommen ist und am Ende nur wegen eines Spiels den Kürzeren gezogen hat, ist es am besten, sich an die positiven Aspekte zu erinnern. Davon gibt es eine ganze Menge. Diese Vorgehensweise hilft einem dabei, sich neu zu motivieren. Wir wollen wieder ins Finale kommen. Eishockey ist ein verrücktes Spiel. Manchmal entscheidet ein einziges Match über Wohl und Wehe. Natürlich haben wir in der Finalserie auch Fehler gemacht. Aber wie gesagt: Wir stellen das Positive heraus und ziehen uns daran hoch.
Gab es besondere Highlights in deiner Offseason?
Da die Saison recht lange gedauert hatte, war mir zunächst nicht sonderlich nach Skaten zumute. Ich bin zusammen mit meinem persönlichen Coach, meiner Familie, meinem Bruder und meiner Mutter nach Spanien geflogen. Normalerweise nehme ich nicht so viele Leute mit in die Ferien. Der Aufenthalt war eine Mischung aus Urlaub und Trainingscamp mit Fitnessübungen. Das war etwas Neues für mich und hat mir viel Spaß gemacht. Spanien ist ein schönes Land, das sich gut mit der Familie bereisen lässt. Während der Saison bleibt für gemeinsame Unternehmungen ja kaum Zeit.
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Wie beeinflusst die kürzere Pause deine Vorbereitung?
Ich brauche eigentlich immer eine bestimmte Auszeit, unabhängig davon, wie viele Einsätze ich davor hatte. Die Saison dauert wirklich lange und ist mental sowie physisch sehr anstrengend. Von daher sollte man sich genügend Erholung gönnen. In meinem Fall habe ich diesmal dem Workout etwas mehr Raum eingeräumt als sonst. Im Gegenzug habe ich dafür das Training auf dem Eis reduziert. Ich glaube, dass dies die richtige Entscheidung gewesen ist.
Deine Statistiken sind in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Bist du schon an dem Punkt angekommen, wo du stehen möchtest?
Ich setze mir grundsätzlich keine Ziele. Ich will in erster Linie gesund bleiben und mich jedes Jahr ein Stück weit verbessern. Darauf liegt mein Fokus. Bis man seinen Leistungszenit erreicht hat, dauert es seine Zeit.
Also haben wir bislang noch gar nicht den besten David Pastrnak gesehen?
Es gibt stets etwas zu verbessern. Letztlich kommt es auf einen selbst an. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist allerdings die Gesundheit. Darüber hinaus durchlebt man in einer Saison auch schwächere Phasen, mit denen man klarkommen muss.

BOS@CAR, Sp4: Marchand, Pastrnak gemeinsam zum PPG

Was habt ihr euch für die kommende Saison vorgenommen?
Unser Ziel ist es zunächst einmal, uns für die Playoffs zu qualifizieren. Das wird schwer genug in dieser umkämpften Liga. Da brauche ich nur unsere eigene Division anzuschauen. Es gab einige Mannschaften, die es voriges Jahr nicht geschafft haben und die deshalb besonders hungrig sein werden. Die Teams in der Atlantic Division werden immer stärker. Wenn man es einmal in die Playoffs geschafft hat, muss man einen Schritt nach dem anderen machen. In dieser Phase kann alles passieren. Dass wir letztes Mal im Finale standen, macht die Sache für uns eher schwerer als einfacher.
Aber der Finaleinzug gibt euch doch sicher Selbstvertrauen?
Auf jeden Fall. Wir wissen, was wir draufhaben und dass wir es bis dorthin schaffen können. Es liegt nur an uns.
Ist dieses Wissen um die eigene Stärke ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Teams, die sich erst finden müssen?
Nicht unbedingt in der regulären Saison, aber in den Playoffs mit Sicherheit.
Die Global Series macht in dieser Saison in Prag Station. Wie wichtig findest du als Tscheche dieses NHL-Gastspiel in deiner Heimat?
Das ist großartig. Schade, dass wir nicht mit von der Partie sind. Ich würde gerne einmal eine NHL-Begegnung mit den Bruins in Tschechien bestreiten. Die Flugzeit wäre in etwa die gleiche wie zwischen Boston und Los Angeles. Aber unabhängig davon ist das eine tolle Sache. Eishockey ist die Sportart Nummer 1 in Tschechien. Es wird ein klasse Event für das ganze Land, vor allem für die Kids. Ich bin mir sicher, dass die beiden Klubs, die nach Prag kommen, es ebenfalls genießen werden.

CBJ@BOS, Sp5: Pastrnak bezwingt Bobrovsky

Würdest du Tschechien gegenwärtig als Eishockey-Macht bezeichnen?
Was die Junioren und die noch jüngeren Jahrgänge betrifft, haben wir im Vergleich zu Schweden oder Finnland leider etwas an Boden verloren.
Woran liegt das?
Ich wünschte, ich wüsste das. Vielleicht verbringen die Skandinavier mehr Zeit auf dem Eis. Womöglich haben sie auch mehr Trainer und Trainingseinrichtungen zur Verfügung. Ich selbst stand als Kind täglich drei bis vier Stunden auf der Eisfläche. Das läuft heutzutage anders. Ich will gar nicht sagen, dass schon die 13- oder 14-Jährigen im Training bis an die Grenze gehen sollten. Aber jede Minute, die man skatet oder sogar mit Eishockeyspielen auf der Straße verbringt, ist nützlich. Daran krankt es sicherlich im Moment bei uns ein wenig.
Über Jahre war Jaromir Jagr das große Aushängeschild des tschechischen Eishockeys. Inzwischen hat es den Anschein, als würdest du ihm in Sachen Anerkennung und Bekanntheitsgrad den Rang ablaufen. Macht dich das stolz?
Natürlich. Es ist eine große Ehre für mich, mein Land zu repräsentieren. Mich freut es bei jeder Gelegenheit, das Nationaltrikot zu tragen. Ich werde alles dafür tun, dass unser Eishockey besser wird und wir wieder an unsere erfolgreichen Zeiten anknüpfen.