moritz seider

Wer sich, wie ich, mit Moritz Seider bereits vor drei Jahren während seiner Zeit bei den Adler Mannheim länger unterhalten hat, der war beeindruckt, von der Wortwahl und Eloquenz, die der damals 17-jährige Eishockeyspieler an den Tag legte. Souverän und sehr ausführlich mit Substanz beantwortete er jede Frage cool und gelassen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Im Gegenteil, und das ist jetzt weniger überraschend, Seider hat noch an Persönlichkeit zugelegt, obwohl er mit 20 Jahren immer noch große Entwicklungsstufen vor sich hat. Doch schon jetzt merkt man, wie er reifer wird und dabei doch er selbst bleibt.

"Ich versuche gegenüber der Presse einfach ich selbst zu sein", erklärt er im exklusiven Interview mit NHL.com/de in der vergangenen Woche in Detroit. "Wenn ich authentisch bin, dann komme ich am besten rüber und ich muss mich nicht verstellen. Das liegt mir."
In der Tat wirkt es authentisch, wenn man mit Seider spricht und trotz seiner Reife, die er mit 17 Jahren bereits hatte, macht es Spaß sich mit ihm zu unterhalten und ihn zu interviewen. Das war auch während seiner Zeit in der AHL vor zwei Jahren so, als er die ersten Schritte in Nordamerika fernab der Heimat und dem vertrauten Schutz der Familie wagte. Offen und ehrlich beantwortet er frisch alle Fragen.
Nicht jeder Sportler ist so freizügig, sondern baut häufig eine Mauer auf, um Journalisten und die Öffentlichkeit nicht zu nahe an einen heran zu lassen. Häufig werden dann Standardfloskeln zurechtgelegt. Nicht so bei Seider, von dem man den Eindruck gewinnen könnte, er hätte eine höhere Schulbildung genossen.

Moritz Seider ist stolz ein Red Wing zu sein

"Es hat sehr positiv angefangen mit der Sportschule in Erfurt", erläutert er. "Es war ein super System damals mit Eistraining im integrierten Stundenplan. Das war natürlich unglaublich zur damaligen Zeit. Dann bin ich nach Mannheim gegangen und habe dort meinen Realschulabschluss gemacht."
Natürlich war der Sport sein Lieblingsfach, doch auch die Zahlen und das Rechnen hatten es ihm angetan. "Ehrlich gesagt war ich immer ein großer Fan von Mathematik, ich weiß gar nicht warum", erzählt er. "Das ist mir immer sehr leichtgefallen. Englisch habe ich auch sehr gerne gemocht."
Aber es gab auch Fächer, die Seider nicht lagen. "So Sachen wie Chemie und Biologie", räumt er ein. "Das waren mir zu komplizierte Sachverhalte. Das taugt mir heute immer noch nicht so ganz (lacht). Irgendwie hat man sich durchgemogelt und es zu Ende gebracht. Ich glaube das kennt jeder."
Seider wurde am 6. April 2001 in Zell an der Mosel geboren und als er drei Jahre alt war zog die Familie nach Erfurt, weil der Vater ein Angebot hatte, dort eine Heimleitung zu übernehmen. Beide Eltern sind vom Beruf in der Altenpflege tätig. "Das hat super gepasst und wir haben uns dort sehr wohl gefühlt", blickt Seider zurück. "Wir haben zehn Jahre in Erfurt gelebt und ich würde schon sagen, dass ich dort groß geworden bin."

DET@BUF: Seider schießt das entscheidende Tor

In Thüringens Hauptstadt fängt er auch das Eislaufen an und entdeckt in diesem Zug Eishockey als seine Sportart. Sein Talent bleibt auch den großen Klubs in Deutschland nicht verborgen. Die Jungadler Mannheim locken ihn mit einem Angebot, als er 14 Jahre ist.
Doch eine Gastfamilie oder gar das Internat kommt für Seider nicht in Frage, wie er freimütig zugibt. "Ich habe mich schon wie der Prinz zu Hause gefühlt und da war ich nicht bereit, alleine in die große, weite Welt zu starten", betont er. "Wir sind von einem Gastturnier von Mannheim wieder nach Hause gefahren und haben uns darüber unterhalten umzuziehen. Wir haben alle den Entschluss gefasst, dass wir das zusammen machen. Wir haben die Sachen gepackt und sind in die Nähe von Mannheim gezogen."
Vier Jahre durfte Seider noch im vertrauten Kreis seiner Familie verbringen, ehe er beim NHL Draft 2019 von den Detroit Red Wings, für viele Experten überraschend früh, an 6. Stelle gewählt wurde.
Danach ging er nach Nordamerika, wurde aber zunächst im AHL-Farmteam der Grand Rapids Griffins eingesetzt. Kleine leichte Zeit mit persönlich einigen schweren Phasen, wenn etablierte Trainer und Mitspieler einen jungen Europäer fernab der Heimat austesten, ob er das Zeug für eine NHL-Karriere hätte. Seider hat es nur stärker gemacht. Auch sein folgendes Jahr in Schweden, wo er bei Rögle BK zum besten Verteidiger der Saison in der schwedischen Eishockeyliga gewählt wurde und mit dem Team im Finale nur knapp die Meisterschaft verpasste.
Mittlerweile wissen alle, warum Detroits General Manager Steve Yzerman die Rechte an Seider unbedingt haben wollte. Sein Start in die NHL in dieser Saison hätte mit der Wahl zum

nicht besser ausfallen können.
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Dementsprechend bekommt Seider schon jetzt sehr viel mehr Aufmerksamkeit der Medien und Reporter, als das meist nur bei den absoluten Topstars unter den Rookies der Fall ist. Doch Seider ist ohne Zweifel auf den Weg dazu, einer zu werden in dieser NHL, die schon von klein auf auch sein großes Ziel war.
"In der Woche habe ich so zwei bis vier Interviews", rechnet er vor. "Meistens wenn wir zu Hause sind etwas mehr, dann ist man in der Pflicht und auf Auswärtsreise etwas weniger, wenn das eine oder andere abgeblockt wird. Es wird auch nicht alles an uns durchgestellt. Es wird schon abgeklärt, dass es autorisierte Personen sind. Es müssen außerdem offizielle Kanäle sein, wenn wir mit ihnen reden. Aber generell mache ich das sehr gerne."
Es bleibt zu wünschen, dass sich Seider diese Frische erhält, die er schon vor drei Jahren an den Tag gelegt und sich bis heute erhalten hat. Als ich kürzlich Kontakt mit einem befreundeten Kollegen aus Kanada hatte, der mit Seider ein Interview geführt hatte, schwärmte er von ihm. Ich schrieb: "Er ist ein sehr intelligenter Kerl!", er antwortete: "Und auch ungemein höflich."