Wer ist für dich der Favorit?
Vermutlich werden die Kasachen die Besten sein. Sie sind groß, erfahren und sind läuferisch hervorragend, was ich in den Testspielen und beim Scouting gesehen habe. Sie haben auch einen guten Goalie und sind kompakt. Ich habe nicht viele Schwachstellen ausgemacht. Für mich ist Kasachstan die Mannschaft, die es zu schlagen gilt. Die Nachricht an meine Spieler ist aber auch, dass wir von Spiel zu Spiel schauen müssen und nicht den Fehler machen dürfen, die anderen Teams zu unterschätzen.
Neben Kasachstan geht es auch gegen Frankreich, Ungarn und Dänemark, die die Division 1 schon aus dem Vorjahr kennen. Wie schätzt du diese Gruppengegner ein?
Jede Mannschaft hat etwas Spezielles für sich: Ungarn habe ich erst gestern gesehen, als sie im Penaltyschießen verloren haben. Sie sind körperlich kompakt und haben einen guten Goalie. Frankreich habe ich im Sommer gesehen. Sie sind sehr flink, läuferisch stark, gut strukturiert und taktisch gut ausgebildet. Dänemark ist Dänemark. Gegen sie haben wir im November gespielt. Sie haben gute Special Teams, insbesondere das Powerplay ist brandgefährlich. Da haben sie sechs, sieben richtig gute Spieler, die Akzente setzen.
Zu Auftakt geht es am 10. Dezember geht es für Österreich gegen Japan. Wie stark schätzt du den Aufsteiger aus Fernost ein?
Japan hat wie fast alle asiatischen Mannschaften technisch exzellente, kleine, flinke und schnelle Spieler. Wir wissen aber auch, dass wir sie mit unserer Präsenz schlagen können. Unser Ziel ist, dass wir unser Spiel durchbringen. Das heißt, sehr aggressiv und giftig forechecken und den Gegner einschnüren. Wir wollen taktisch diszipliniert sein und uns auf unseren hohen Stürmer verlassen, der unsere aggressiven Verteidiger absichern soll. Wir wollen den Gegner in Zweikämpfe verwickeln und viele Scheiben zum Tor bringen. Das wird auch unsere DNA in den folgenden Spielen sein: Wir wollen schnell nach vorne spielen, hinter die gegnerischen Verteidiger kommen und viel Druck aufs Tor ausüben.
Mit welcher Zielsetzung geht ihr in diese U20-WM?
Das ist kniffelig in dieser Gruppe: Man darf nicht vergessen, dass dieser Jahrgang zwei Jahre zuvor ein sehr schwaches U18-Turnier gespielt hat. Seitdem ist der eine oder andere neu dazugekommen, auch das Trainerteam hat sich verändert. Jetzt sofort zu sagen, dass der Wiederaufstieg logisch wäre, ist gefährlich. Wir waren wegen Covid jetzt drei Jahre lang in der A-Gruppe, aber sind wir auch eine A-Nation? Ich finde, es wäre verwegen, das zu behaupten. Im Trainerteam glauben wir schon, dass ein Aufstieg möglich ist, aber dafür muss alles zusammenpassen. Man darf auch nicht vergessen, dass statistisch gesehen ein Aufstieg für Österreich nur alle 14 Jahren passiert. Die Jungs selbst haben sich dieses ambitionierte Ziel aber selbst gesteckt.
Wer sind die „Players to Watch“ im Team Austria und warum?
Wir haben bekannte Spieler wie Luca Auer wieder mit dabei, der mit seiner Präsenz und Physis herausstechen wird. Ian Scherzer hat einen weiteren Schritt gemacht. Er ist ein absoluter Zwei-Wege-Stürmer: Hinten ist er verlässlich, vorne hat er die Gabe für die richtigen Spielzüge. Er kann Spiele entscheiden. Ich glaube auch, dass unser Under-Ager Johannes Neumann eine gute WM spielen wird. Er genießt unser volles Vertrauen, ist unser Nummer-2-Center und spielt auch im zweiten Powerplay. Er ist schon sehr reif für sein Alter, ein Kämpfer und ein Mann für die „Big Plays“. Eine Überraschung könnte WM-Neuling Maximilian Wurzer werden. Er ist läuferisch exzellent, flink, hat einen irrsinnigen Speed und Spielwitz. Er ist zwar eher ein schmächtiger Bursche, aber er hat gezeigt, dass er international mithalten kann und wird für Gefahr sorgen.
Ihr habt in der Top-Division in den letzten Jahren viele Spiele verloren. In wie fern wird die Psyche eine Rolle spielen?
In dieser Mannschaft spielen viele Jungs, die zuletzt mit der U18 aufgestiegen sind. Sie wissen, wie stark der Zusammenhalt sein muss. Man muss sich auf den Kollegen verlassen und sich auf seinen Job konzentrieren. Ehrliche Arbeit und Bodenständigkeit stehen im Vordergrund. Wir sind taktisch und mental gut vorbereitet und haben bewusst Charaktere ausgesucht, die ihre zugeteilte Rolle perfekt ausfüllen können und wollen.
Ihr habt viele Spieler dabei, die schon Männer-Eishockey in der ICEHL spielen. Wie wichtig ist diese Erfahrung fürs Team?
Das ist allgemein sehr wichtig. Es hilft, wenn man schon gegen Männer gespielt hat und man körperlich dagegenhalten kann. Man muss da aber auch immer vorsichtig sein, denn diese Spieler haben in ihren Teams meist eher kleinere Rollen. Vielleicht haben sie auch mehr Druck, weil sie sich präsentieren und etwas Besonderes machen wollen. Es liegt an uns Trainern, dass sie ihr Spiel nicht ändern. Wenn wir erfolgreich sein wollen, dann müssen wir geradlinig spielen.
Lass uns noch kurz über die Österreicher in der NHL reden. Wie siehst du die steile Entwicklung von Marco Rossi bei den Minnesota Wild?
Ich habe mir erhofft und es ihm gewünscht, dass er so einen Durchbruch schaffen wird. Ich kenne ihn noch aus den Junioren und auch privat sehr gut. Er ist besessen von dem, was er tut. Es war bei ihm also nur eine Frage der Zeit. Er hatte zwei Jahre mit Covid und einer damit verbundenen Herzmuskelentzündung zu kämpfen, dann hat er in der NHL kaum gescort und war lange nur in der AHL. Mich hat beeindruckt, wie er sich dort präsentiert hat. Jetzt hat er einen weiteren Schritt gemacht und punktet auch in der NHL, was mich irrsinnig freut. Sein Selbstvertrauen ist gestiegen, das zahlt er jetzt zurück. Er ist jetzt da, wo ich ihn auch gesehen habe.
Marco Kasper spielt in der AHL bei den Grand Rapids Griffins, dem Farmteam der Detroit Red Wings. Verfolgst du auch seine Fortschritte?
Marco kenne ich aus den Trainings im Sommer. Von der Mentalität und vom Charakter her ist er ähnlich wie Rossi. Er ist zielstrebig, fokussiert und trotz seines zarten Alters schon ein Vollprofi. Er hat den Sprung ins amerikanische Profi-Eishockey geschafft, hat aber noch Adaptierungsschwierigkeiten. Das geht fast allen Europäern in ihrem ersten Jahr so, denn das Eishockey ist dort einfach anders. Was ich höre ist, dass er auf einem guten Weg ist. Für ihn ist es keine Niederlage, im AHL-Team zu sein und dort nicht so viel zu punkten. Seine Produktivität wird sich sicher steigern, wenn auch erst im zweiten oder dritten Jahr. Die AHL wird ihm guttun. Seine Reise wird irgendwann in die NHL führen.