091823 German players split

Deutsche Spieler erleben in der NHL in den vergangenen Jahren einen Aufschwung. Früher galten Akteure wie Uli Hiemer, Udo Kießling oder Uwe Krupp als Exoten in dieser Liga. Krupp war über eine lange Zeit der einzige deutsche Stanley Cup Champion (1996 mit den Colorado Avalanche und 2002 mit den Detroit Red Wings). In den letzten zwölf Jahren aber gesellten sich mit Dennis Seidenberg (2011 mit den Boston Bruins, im Finale gegen die Vancouver Canucks mit Christian Ehrhoff), Tom Kühnhackl (2016 und 2017 jeweils mit den Pittsburgh Penguins), Philipp Grubauer (2018 mit den Washington Capitals) und Nico Sturm (2022 mit Colorado) hinzu.

„Einfach spannend“: Draisaitl löst einen Boom aus

Einen regelrechten Boom löste die Ankunft von Leon Draisaitl in der NHL aus. 2014 wurde der Kölner der bis dato am frühesten gedraftete Deutsche aller Zeiten (1. Runde, 3. Stelle, Edmonton Oilers) und entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem der besten Spieler der Welt. Der Superstar erlebte bereits vier Saisons mit über 100 Scorerpunkten und räumte in der Spielzeit 2019/20 als erster Deutscher überhaupt die renommierten individuellen Trophäen Art Ross Trophy (meiste Punkte in der regulären Saison), Hart Trophy (wertvollster Spieler, gewählt von Journalisten) und den Ted Lindsay Award (wertvollster Spieler, gewählt von Mit- und Gegenspielern) ab.

Draisaitls Top-5-Tore der Saison 2022/23

Deutsche Spieler waren plötzlich nicht mehr „nur“ als zuverlässige und harte Arbeiter bekannt, sondern schrieben auch als trickreiche Scorer Schlagzeilen und nahmen in ihren Klubs Schlüsselrollen ein. Verteidiger Moritz Seider (Draft 2019, 1. Runde, 6. Stelle, Detroit Red Wings) zählt schon jetzt zu den stärksten Abwehrspielern der Liga und gewann 2021/22 die Calder Trophy für den Rookie des Jahres. Ein Jahr später spülte es mit den Stürmern Tim Stützle (Draft 2020, 1. Runde, 3. Stelle, Ottawa Senators), Lukas Reichel (1. Runde, 17. Stelle, Chicago Blackhawks) und JJ Peterka (2. Runde, 34. Stelle, Buffalo Sabres) gleich drei weitere Top-Talente in die Liga. Unglaublich, aber wahr: Seit 2014 wurde zehn Jahre in Folge bei jedem Draft mindestens ein Deutscher ausgewählt.

„Es ist einfach spannend, wenn man an die Zeiten zurückdenkt, in denen es nicht so viele Spieler in der Liga und beim NHL Draft gab. Jetzt werden jedes Jahr Spieler aus Deutschland gedraftet, was ziemlich cool ist“, findet Peterka. „Es ist super zu sehen, dass Deutsche in der NHL spielen, und es macht so viel Spaß, gegen sie anzutreten. Einen großen Anteil daran haben für mich die Skills-Trainer und weitere Dinge, bei denen wir in Deutschland besser geworden ist. Das hat die Ligen besser gemacht, auch schaffen es immer jüngere Spieler zu den Profis und bekommen dort die Chance, sich zu zeigen, zu spielen und besser zu werden. Ich denke, dass das die Hauptgründe für den Aufschwung im deutschen Eishockey sind.“

Talente-Welle erreicht die NHL

In der abgelaufenen Saison 2022/23 kamen acht Deutsche in der NHL zum Einsatz: Neben Draisaitl, Stützle, Seider, Peterka und Reichel waren dies Nico Sturm (San Jose Sharks) sowie die beiden Torhüter Grubauer (Seattle Kraken) und Thomas Greiss (St. Louis Blues). Die Hälfte dieser Spieler sind 22 Jahre oder jünger. Die NHL wurde und wird also von einer Welle an deutschen Talenten getroffen.

„Das ist gut“, sagt Stützle. „Es wird jedes Jahr besser und immer mehr Spieler kommen in die Liga, wie etwa JJ, der ein gutes Jahr hatte oder Reichel und Seider, die großartig gespielt haben. Wie haben so viele Jungs, die richtig gut werden und es hoffentlich lange Zeit bleiben. Das wird helfen, das deutsche Eishockey weiter voran zu bringen.“

Deutsche in immer wichtigeren Rollen

Doch bemerkenswert ist nicht nur die reine Anzahl der Spieler, sondern auch deren Einfluss im jeweiligen Team. Draisaitl ist seit Jahren ein Elite-Spieler für die Oilers. Stützle ist auf dem Weg zum Superstar und längst eines der Gesichter der Senators. Peterka hat sich über die AHL für die NHL empfohlen und sich dank seiner steilen Entwicklung in den Top-6-Reihen festgebissen. Gleiches gilt für Reichel bei den Blackhawks, der in der kommenden Saison sogar in der ersten Reihe neben Connor Bedard auflaufen könnte. Grubauer war das Rückgrat der Kraken und entfachte einmal mehr pure Playoff-Euphorie. Sturm wird als Führungsspieler und Vorbild bei den Sharks geschätzt und spielte zuletzt ein Karrierejahr.

Stützles Top-5-Tore der Saison 2022/23

„Es ist toll. Es werden immer mehr Talente, die in die NHL kommen und dort große Rollen in guten Mannschaften spielen“, glaubt Draisaitl. „Das haben wir seit Jahren gebraucht. Ich freue mich schon darauf, wenn Deutschland bei einem Turnier seine bestmögliche Mannschaft aufstellen und ich mit diesen Jungs spielen kann. Ich denke, wir dürften da ziemlich gut abschneiden.“

Schafft Gawanke als nächste Deutscher den Sprung?

Gute Chancen, der nächste deutsche Akteur in der NHL zu werden, hat in der kommenden Saison Leon Gawanke. Der 24-jährige Berliner wurde beim Draft 2017 in der 5. Runde an 136. Stelle von den Winnipeg Jets ausgewählt, erhielt dort aber nie die Chance, sich in der besten Eishockey-Liga der Welt zeigen zu dürfen. Das könnte sich nach dem Trade zu den San Jose Sharks ändern. San Jose hat im Sommer mit Norris-Trophy-Gewinner Erik Karlsson einen offensiv-orientierten Rechtsschützen abgegeben und mischt die Karten in seiner Abwehr neu. Davon könnte Gawanke profitieren, der im Vorjahr bei den Manitoba Moose in der AHL mit 45 Punkten (20 Tore, 45 Assists) in 68 Spielen als torgefährlichster Verteidiger der ganzen Liga glänzen konnte.

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