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Marco Sturm soll junge Spieler weiterentwickeln. Als Trainer von Ontario Reign in der AHL ist er nun in seine zweite Saison gegangen. Zuvor war der ehemalige NHL-Spieler innerhalb der gleichen Organisation Assistenztrainer der Los Angeles Kings. NHL.com/de traf den 45-Jährigen in der gemeinsamen Trainingseinrichtung der Kings und Reign vor Ort und sprach mit ihm über seine Aufgabe als Trainer und seine Ziele, aber auch über die Ambitionen der Kings und die Qualitäten von Kevin Fiala. 

Marco, mit welchen Zielen bist du in die Saison gegangen? Steht in der AHL der Erfolg der Mannschaft oder die Weiterentwicklung einzelner Spieler im Vordergrund?

„Das ist eine gute Frage, denn die Zielsetzung ist bei einem Farmteam immer ein bisschen anders. Am Ende des Tages wollen wir natürlich unsere Spiele gewinnen, das ist ganz klar. Aber bei uns ist eben nicht nur das Gewinnen wichtig. Wir müssen die jungen Spieler ausbilden, damit sie den nächsten Schritt gehen können.“ 

Was ist beim Sprung von der AHL zur NHL die größte Herausforderung?

„Das Gute ist, dass ich fünf Jahre dem Trainerteam der Kings angehörte und daher ganz genau weiß, was sie von den Spielern fordern. Genau das versuche ich an meine Spieler weiterzugeben, damit sie es ein bisschen einfacher haben, wenn sie in der NHL eine Chance bekommen. Ganz entscheidend ist mittlerweile das Mentale. Es ist für die Jungs nicht einfach, wenn sie hier bei mir in der AHL spielen, zu den Kings wollen und sich bereits als NHL-Spieler fühlen – aber in Wahrheit das noch nicht sind.“

Gibt es bestimmte Stolpersteine, an denen Top-Talente auf dem Wege in die NHL oftmals scheitern?

„Viele verstehen nicht, was alles dazugehört, um NHL-Spieler zu werden. Sie alle haben Ziele und Träume – das ist auch völlig in Ordnung. Aber am Ende schaffen es nur etwa 770 Spieler der Welt in die NHL. Das sind nicht viele! Die Spieler, die es dorthin schaffen, bringen einfach alles mit. Warum schaffen es andere nicht? Das ist unterschiedlich. Der eine kann vielleicht gut Schlittschuhlaufen und ist auch technisch gut, hat dafür aber andere Schwächen. Wichtig sind oft auch die Kleinigkeiten, mit denen man der Mannschaft helfen kann. Das kapieren viele junge Spieler noch nicht.“

Wie eng ist der Austausch mit dem Trainerteam und dem Management der Los Angeles Kings? Besprichst du dich regelmäßig mit Ihnen, um zum Beispiel Spieler zu empfehlen, die eine Chance in der NHL verdient hätten?

„Mit dem Management gibt es einmal im Monat eine richtige Besprechung dazu. Aber eigentlich sind wir immer im Kontakt. Das Schöne ist, dass wir hier alle unter einem Dach sind. Und mit Todd McLellan, dem Cheftrainer der Los Angeles Kings, bin ich ohnehin gut befreundet. Wir reden jeden Tag miteinander. Auch wenn ich jetzt Trainer bei Ontario Reign bin, gehöre ich weiterhin der Kings-Familie an und weiß ganz genau, was bei denen abläuft.“ 

Wie blickst du auf die vergangene Saison, deine erste Saison als Cheftrainer von Reign, zurück? Du hast mit Reign die 1. Playoff-Runde erreicht, bist dann aber an den Colorado Eagles gescheitert…

„Es war interessant, aber auch nicht einfach. Ich musste vieles dazulernen. Das hat mich als Trainer weitergebracht. Die größte Herausforderung war und ist, dass man praktisch nie Tag für Tag die gleiche Mannschaft hat. Vor allem die besten Spieler könnten jederzeit zu den Kings hochgezogen werden. Und wenn mir ausgerechnet diese Spieler fehlen, macht das natürlich einen Unterschied. Am Anfang habe ich mich teilweise noch darüber geärgert, wenn plötzlich wichtige Spieler hochgezogen wurden und ich sie nicht einsetzen konnte. Aber jetzt sehe ich das lockerer. Ich freue mich für die Jungs, wenn sie eine Chance in der NHL bekommen.“

Sprechen wir über die NHL: Die Kings haben aus den ersten drei Spielen drei Punkte geholt. Wie schätzt du deren Ambitionen ein?

„Nach den Trades im Sommer sind sie für mich einer der Top-Favoriten. Das ist eine richtig gute Mannschaft, die beste seit dem Gewinn des Stanley Cups [in 2012 und 2014]. Ich glaube, dass den Kings eine schöne und interessante Zeit bevorsteht.“

Wie ist dein Eindruck vom Schweizer Kevin Fiala, der ein absoluter Schlüsselspieler der Kings ist?

„Ich sehe ihn hier ab und zu. Wir sprechen dann immer Deutsch miteinander – oder eben Schweizerisch (grinst). Er ist ein überragender Spieler und hat sehr viel Power. Wenn man ihn schon sieht, mit seinen riesigen Oberschenkeln… Er steckt voller Power. Auch bei seinen Schüssen: Er weiß ganz genau, wo das Tor steht. Auch technisch und läuferisch ist er stark. Kevin ist einfach ein echter Power-Stürmer.“

VGK@LAK: Fiala erzielt Kings-Führung

Wie sehr verfolgst du die Entwicklung der deutschen Spieler in der NHL?

„Ich verfolge das sehr genau, schaue mir oft auch die Spiele oder zumindest die Highlights an. Mich macht das einfach stolz. Wir haben nicht unbedingt mehr Deutsche in der NHL als früher. Aber die Spieler, die hier sind, sind mittlerweile echte Stars. Auch die Nationalmannschaft war in den letzten Jahren sehr erfolgreich. Das trägt alles dazu bei, dass die deutschen Spieler immer mehr ins Gespräch kommen.“

Leon Draisaitl verkörpert natürlich schon länger Weltklasse-Niveau. Aber hättest du damit gerechnet, dass auch Tim Stützle oder Moritz Seider von der ersten NHL-Saison an Schlüsselspieler sein würden?

„Ja. Das sind für mich absolute Ausnahmespieler. Und Ausnahmespieler haben einfach das Zeug dazu, sofort in der NHL zu funktionieren. Daher war das keine große Überraschung für mich.“

OTT@CAR: Stützle gleicht im 3. Drittel aus

Wie steht es um deine Ambitionen? Ist deine aktuelle Funktion ein Zwischenschritt, um später Cheftrainer in der NHL zu sein?

„Mal schauen. Natürlich habe ich diesen Job angenommen, um hinter der Bande mehr Erfahrung als Cheftrainer zu sammeln. Aber ich stehe nicht unter Druck und fühle mich in meiner Trainerkarriere noch relativ jung. Als Spieler habe ich erlebt, dass sehr junge Trainer in der NHL oft auf die Schnauze geflogen sind. Die Folge war, dass die Trainer dann wieder zehn Jahre in einer unteren Liga tätig waren, ehe sie vielleicht eine zweite Chance in der NHL bekamen. Diesen Fehler möchte ich vermeiden. Ich habe natürlich den Vorteil, dass ich finanziell keinen Druck habe. Das ist bei manchen Trainern sicherlich anders. Ich selber setze mich jedenfalls nicht unter Druck. Wenn der Schritt kommt, will ich richtig bereit sein.“

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