Wayne-Gretzky-Serie: Deputy Commissioner Daly über die Legende

Fünfundzwanzig Jahre nach Wayne Gretzkys letzter NHL-Saison sind sein Vermächtnis und seine Statistiken noch immer eine Klasse für sich. In dieser Saison wird NHL.com/de deshalb am letzten Sonntag eines jeden Monats während der regulären Saison von ehemaligen und aktuellen Stars erfahren, was der ‚The Great One‘ für das Spiel bedeutet hat und wie er die Liga auch heute noch beeinflusst.

In dieser Ausgabe: Deputy Commissioner Bill Daly über Gretzkys Einfluss auf die Liga

In den vergangenen Ausgaben dieser Serie ging es um die herausragenden Statistiken, die Gretzky in seiner aktiven Zeit abgeliefert und die Ära, die er als Spieler geprägt hat. Zudem verrieten aktuelle und ehemalige NHL-Spielern, was sie über Gretzky denken. In dieser Ausgabe kommt die Stimme eines Ligafunktionärs zu Wort kommen. Mit NHL Deputy Commissioner Bill Daly stand eine Führungspersönlichkeit Rede und Antwort.

Daly wurde am 22. Juli 2005 von Commissioner Gary Bettman zum ersten stellvertretenden Commissioner der National Hockey League ernannt - was vom Board of Governors der NHL einstimmig befürwortet wurde. Dalys Ernennung erfolgte, nachdem er über acht Jahre als Chief Legal Officer der Liga tätig war. In seiner jetzigen Funktion ist Daly der führende Berater von Commissioner Bettman in praktisch allen Fragen, die den Betrieb und die Geschäfte der Liga betreffen. Seine Meinung hat Gewicht. Er äußerte sich dazu, welche Bedeutung die Person Gretzky für die NHL hat.

„Immer dann, wenn ich nach meinem Lieblingsspieler gefragt wurde, war meine Antwort Wayne Gretzky. Und das ist bis heute der Fall“, stellte Daly gleich zu Beginn des Gesprächs mit NHL.com/de klar. Eine Begründung lieferte der Deputy Commissioner gleich dazu: „Ich denke, er hat den Sport in der ganzen Welt verändert, nicht nur in den Vereinigten Staaten und Kanada. Natürlich ist er in Kanada quasi ein Gott, aber als er damals zu den Los Angeles Kings wechselte und dem Eishockey in den Vereinigten Staaten ein Profil verlieh, hat er ebenfalls Einzigartiges geleistet. Er war in allem, was er tat, erstklassig und ein großartiger Botschafter für den Sport. Ich kann mich an keine Situation erinnern, in der ihm eine schwierige Frage gestellt wurde, auf die er nicht die perfekte Antwort gegeben hätte.“

„Er war ein fantastischer Teamplayer, nicht nur in seiner jeweiligen Mannschaft, sondern auch, wenn es darum ging das Profil des Sports und das Geschäft des Sports zu verbessern. Alles, was wir heute haben und genießen - einschließlich des Erfolgs der NHL - ist zu einem großen Teil auf Wayne Gretzkys Leistungen zurückzuführen“, so Daly.

Angesprochen auf die großen Veränderungen, die sich seit dem Ende von Gretzkys aktiver Karriere im Jahre 1999 in der NHL vollzogen haben, meinte Daly: „Wayne wäre der Erste, der Ihnen sagen würde, dass es heutzutage ein völlig anderes Spiel ist. Er würde Ihnen in seiner bescheidenen Art sagen, dass er nicht so erfolgreich wäre und heutzutage wohl nicht die gleichen Zahlen wie zu seiner aktiven Zeit hätte erzielen können. Aber das ist wiederum seiner Bescheidenheit geschuldet. Er wäre aus meiner Sicht in jeder Ära ein großartiger Spieler gewesen. Natürlich hat sich das Spiel in dem Sinne verändert, dass es schneller geworden ist und ein bisschen anders gespielt wird als zu seiner Zeit oder als er in den Ruhestand ging. Aber ich glaube, er würde Ihnen auf der anderen Seite auch sagen, dass das Spiel auf dem Eis noch nie so gut war wie heute. Es ist jetzt ein Spiel mit immensem Können, hoher Intensität und enormen Tempo. Jeden Abend sieht man die großartigen athletischen Fähigkeiten einiger junger Spieler, die sich durch harte Arbeit entwickelt haben. Das Spiel sieht ein bisschen anders aus, aber der Kern ist noch immer derselbe.“ 

Als Gretzky von den Edmonton Oilers zu den Kings getradet wurde, war die Eishockeywelt in Aufruhr. Angesprochen darauf, ob dieser Wechsel bis in die Gegenwart nachwirkt, und eventuell auch Expansionteams wie die Vegas Golden Knights oder auch die Seattle Kraken erst möglich gemacht habe, räumte Daly ein: „Ich denke schon. L.A. kam 1967 gemeinsam mit einem Team aus Nordkalifornien in die Liga, das es leider nicht geschafft hat. Die Kings waren das am weitesten westlich gelegenes Team, das die Liga je gesehen hatte, und entwickelte sich auf Anhieb zu einem wichtigen Bestandteil, das von den Fans sehr gut angenommen wurde und wettbewerbsfähig war.“

Entscheidenden Anteil hatte Dalys Meinung nach eben auch und gerade Gretzky. „In seiner fünften Saison in LA brachte Gretzky sie ins Stanley Cup Finale“, rief der Deputy Commissioner in Erinnerung. „Die Leute wollten bei den Spielen dabei sein. Es gab einen Berühmtheitsfaktor und er war der größte Spieler aller Zeiten. Das erhöht den Bekanntheitsgrad des Spiels in der Region und ermöglicht es uns, Franchises in anderen Märkten zu gründen, die man als eher 'untraditionell' bezeichnen kann. Wir haben immer die Erfahrung gemacht, dass der Eishockeysport überall dort, wo wir ihn anbieten, erfolgreich sein und wachsen kann - und das tut er im Allgemeinen auch. Das bedeutet Eisflächen, Jugendeishockey, Eishockeyentwicklung und Beteiligung am Sport. USA Hockey wird Ihnen bestätigen können, dass jedes Mal, wenn wir in einen nicht-traditionellen Markt gegangen sind oder ein Team in einen nicht-traditionellen Markt gebracht haben, dies wahre Wunder für die Beteiligung an dieser Sportart bewirkt hat, und langfristig ist es das, was den Sport so stark macht, wie er sein kann.“  

Der Einfluss Gretzkys auf die aktuelle Spielergeneration darf laut Daly zudem nicht unterschätzt werden. „Ich bin mir nicht sicher, wie Connor McDavid das sieht, aber ich glaube nicht, dass es einen Spieler wie Connor ohne einen Gretzky geben würde. Ich glaube, man steht immer auf den Schultern seiner Vorgänger, und ich denke, Connor tut das eindeutig auch. Auch er hat Fähigkeiten, die niemand zuvor gesehen hat, die niemand zuvor besessen hat, und er zeigt sie jeden Abend. Seine Stärken sind nicht unbedingt das, was Waynes Stärken waren. Er ist heute der dynamischste Spieler in unserem Spiel. Es wird immer den nächsten großen Spieler geben, und jeder sagt uns, dass Connor Bedard dieser Spieler ist. Ich bin gespannt, wie er sich in den kommenden Jahren entwickeln wird.“

Um die Zukunft der Liga ist Daly vor diesem Hintergrund gar nicht bange, wie er betonte. Im Gegenteil, der Deputy Commissioner sieht die Liga hier in einer guten Tradition: „Es gibt immer den nächsten großen Spieler. Wir hatten zum Beispiel 2005, nach einem langen Jahr des Lockouts, das große Glück gleich zwei Persönlichkeiten und zwei großartige Spieler wie Sidney Crosby und Alex Ovechkin neu in diese Liga bekommen zu haben. Sie prägen das Gesicht der Liga nun schon seit fast 20 Jahren. Natürlich ist das Spiel stets im Wandel und hat immer wieder neue Stars hervorgebracht. Ich denke, dass die Tatsache, dass wir in der Lage waren, die auf diesem Weg entstandenen Lücken stetig wieder zu schließen, sehr vorteilhaft für den Sport und das Geschäft war.“