Mit Verstärkungen aus der NHL und AHL tritt die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft die Reise zur Weltmeisterschaft 2021 nach Lettland an. In der Hauptstadt Riga geht die DEB-Auswahl mit einem offensiven Kader an den Start und möchte die großen Nationen ärgern.
DEB-Präsident Reindl über die NHL und die WM
Deutschland will auch ohne Draisaitl und Stützle die Weltspitze angreifen
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NHL-Exporte als Speerspitze des deutschen Eishockeys
Die Entwicklung im deutschen Eishockey zeigt klar nach oben. Das zeigen auch neun in der NHL eingesetzte Spieler in der Saison 2020/21: Leon Draisaitl, Dominik Kahun (beide Edmonton Oilers), Philipp Grubauer (Colorado Avalanche), Tim Stutzle (Ottawa Senators), Nico Sturm (Minnesota Wild), Tobias Rieder (Buffalo Sabres), Thomas Greiss (Detroit Red Wings), Marc Michaelis (Vancouver Canucks) und Lean Bergmann (San Jose Sharks).
"Für das deutsche Eishockey ist das eine Auszeichnung, insbesondere für die Spieler selbst. Es zeigt, dass sie sich in der NHL durchsetzen können", freut sich DEB-Präsident Franz Reindl. "Es gibt dort schon herausragende Geschichten. Das bestätigt unsere Entwicklung. Wir hatten noch nie in so einer Masse die Gelegenheit, auf solche Idole zurückzugreifen. Ohne Idole geht es nicht. Diese Spieler treten ja nicht nur auf dem Eis, sondern auch in den Lehrgängen auf. Die Verbindung ist da, das fördert und motiviert auch den Nachwuchs."
Die zahlreichen NHL-Exporte sind die Speerspitze im deutschen Eishockey, doch auch in der AHL, KHL, SHL und DEL stehen zahlreiche gute Spieler zur Verfügung. Anders als in noch nicht allzu langer Vergangenheit, kommen alle wieder gerne zur Nationalmannschaft. Das war nicht immer so. "Die große Trendwende war mit Marco Sturm damals. Er hat die Nationalmannschaft wieder in die Herzen der Spieler zurückgebracht", erklärt Reindl. "Toni Söderholm führt genau das fort. Er ist einfach auch ein guter Coach, ein ehemaliger Spieler und ein guter Mensch. Du brauchst diese Menschlichkeit."
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Stützle auf den Spuren von Draisaitl?
Auch Superstar Leon Draisaitl oder Top-Talent Tim Stützle wären gerne bei der WM 2021 dabei gewesen, doch Draisaitl spielt genauso wie Teamkollege Dominik Kahun und Torwart Grubauer Playoffs in der NHL. Stützle fällt verletzungsbedingt aus. "Ein medizinischer Eingriff ist notwendig, und die Ottawa Senators bestehen darauf, dass das so früh wie möglich passiert", so Reindl. "Die Zukunft der Spieler geht hier einfach vor."
Und hier hat Stützle nach einem starken Rookie-Jahr in der NHL noch eine große vor sich. "Ich denke, dass das schon ein gewaltiger Schritt von ihm war, nach einer überragenden U20-WM nochmal so eine Saison hinzulegen", findet Reindl. "Er bringt herausragende Leistungen." Wird Stützle also der neue Draisaitl, der im Vorjahr mit dem Gewinn der Art Ross Trophy, der Hart Trophy und dem Ted Lindsay Award der große Abräumer war? "Ich würde ihn nicht mit Leon vergleichen wollen", sagt Reindl. "Die Leistung, die Leon über Jahre erbracht hat und auch sein kometenhafter Aufstieg, das kann niemand prophezeien und das wäre auch nicht gut und fair Tim gegenüber. Tim wird seinen Weg gehen."
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Draisaitl, Stützle und Sturm in einer Gesprächsrunde
Prominente Verstärkungen aus den Top-Ligen
Mit Rieder und Bergmann fahren zwei NHL-Spieler, mit dem zweimaligen Stanley Cup Champion Tom Kühnhackl (Bridgeport Sound Tigers) und Offensivverteidiger Leon Gawanke (Manitoba Moose) auch zwei AHL-Spieler mit zur WM. Mit an Bord ist auch Ex-NHL-Verteidiger Korbinian Holzer (zuletzt Avtomobilist Jekaterinburg, KHL). Auch die drei beim NHL Draft 2020 früh ausgewählten Lukas Reichel (1. Runde, 17. Stelle von den Chicago Blackhawks; zuletzt Eisbären Berlin, DEL) und Jason Peterka (2. Runde, 34. Stelle von den Buffalo Sabres; zuletzt EHC Red Bull München) sind dabei.
Eine echte Verstärkung ist auch Abwehrspieler Moritz Seider, dessen Rechte seit dem Draft 2019 (1. Runde, 6. Stelle) den Detroit Red Wings gehören. Der 20-jährige Rechtsschütze wurde mit Rögle BK Vizemeister in der schwedischen Top-Liga SHL, wurde zum Rookie der Saison gekürt und steht zur Wahl für den Titel "bester Verteidiger". "Seine Entwicklung ist kaum in Superlative zu fassen", zeigt sich Reindl beeindruckt. "Er hat einen riesigen Sprung gemacht in einer läuferisch starken, technisch anspruchsvollen und schnellen Liga wie der SHL in Schweden. Wenn du für so einen Titel nominiert wirst, dann hast du eine Riesensaison gespielt. Er wird eine absolute Bereicherung für die Nationalmannschaft sein." Und ab Sommer wohl auch für die Red Wings.
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Angriff auf die Weltspitze?
Zusammen mit schlagkräftigen Verstärkungen aus der heimischen DEL dürfte Deutschland eines der offensivstärksten Teams aller Zeiten zur WM nach Lettland schicken. "Da ist schon Offensivpower vorhanden. Wir sind offensivstark, das wollen wir auch sein und in der Weltspitze mithalten. Aber es muss halt alles zusammenpassen und die Mannschaft wie ein Puzzle zusammengeführt werden", sagt Reindl. "Es sind doch keine reinen Abwehrschlachten mehr, sondern es macht Spaß zuzuschauen. Wir haben eine echte Siegchance."
Ein konkretes Ziel möchte der DEB-Präsident zwar nicht ausgeben, sagt aber auch: "Wir wollen natürlich konkurrenzfähig in der Welt Eishockey spielen und eine echte Chance haben, nicht nur ein bisschen mitspielen. Das ist unser Ziel."
Parallel zur Weltmeisterschaft verfolgt Reindl natürlich auch die Stanley Cup Playoffs in der NHL. Wem von den Deutschen er die Daumen drückt? "Die Mannschaft mit den deutschen Spielern sind bei mir als Favoriten im Handy eingespeichert. Ich verfolge sie intensiv und schaue mir die Highlights zum Frühstück immer zuerst an", sagt Reindl diplomatisch. "Ich freue mich über gute Aktionen, wenn ein Spieler in Überzahl oder in entscheidenden Situationen eingesetzt wird. Das macht einen stolz. Tief stolz. Wer sich dann letztlich durchsetzt, das werden wir sehen."