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Für die New York Rangers ist der Traum vom Stanley Cup Finale 2022 am Samstagabend geplatzt. Im Eastern Conference Finale setzte es nach einem 2:0-Vorsprung eine 2:4-Niederlage in der Best-of-7-Serie gegen die Tampa Bay Lightning. NHL.com/de analysiert die Gründe für das Aus und wagt einen Blick in die Zukunft.

Den Rangers geht die Luft aus
"Ich fühle mich leer und bin sehr traurig", sagte Rangers-Torjäger Chris Kreider mit Tränen in den Augen nach dem Ausscheiden. Diese Leere empfand auch Nummer-1-Center Mika Zibanejad: "Ich kann es nicht glauben. Ich weiß auch nicht. Einfach Leere. Ich möchte nicht, dass es vorbei ist."
Auch die Tanknadel der New Yorker stand am Ende auf "E". Mit 20 Spielen in 40 Tagen mussten die Rangers an jedem zweiten Tag ran und absolvierten mit Abstand die meisten Partien in den Stanley Cup Playoffs 2022: In den ersten beiden Runden ging es jeweils über die maximale Distanz von sieben Spielen (4:3 gegen die Pittsburgh Penguins, 4:3 gegen die Carolina Hurricanes), im Conference Finale bis in das Spiel 6. Zum Vergleich: Die anderen Conference-Finalisten Lightning (17 Spiele), Edmonton Oilers (16 Spiele) und Colorado Avalanche (14 Spiele) hatten mehr Pausen und weniger Einsätze.

NYR@TBL Sp3 Kreider nutzt die Vorarbeit von Zibanejad

Schlussendlich fehlte New York die Kraft für ein erneutes Comeback: Bis zum Ausschieden hatten die Rangers alle fünf Elimination-Games gewinnen können. Nun aber wirkten die Rangers sowohl körperlich als auch mental erschöpft. "Es gibt keinen Zweifel, dass diese Müdigkeit zu sehen war", befand Trainer Gerard Gallant. "Natürlich werden die Jungs irgendwann müde", räumte auch Verteidiger Jacob Trouba ein. "Es ist viel Eishockey in einem kurzen Zeitraum. Es wird ja auch hart und physisch gespielt."
Und trotzdem hatten die Rangers nach zwei Auftakt-Siegen das Stanley Cup Finale zum Greifen nahe. Der Knackpunkt in dieser Serie war wohl Spiel 3, das in der Schlussminute knapp mit 3:2 an die Lightning ging. Auch bei der 1:3-Niederlage in Spiel 5 geriet New York erst in den letzten beiden Minuten in Rückstand. Es bestätigte allerdings auch die These der einsetzenden Müdigkeit.
Diese drückte sich übrigens auch in Zahlen aus. Ab Spiel 3 ging auch den Playoff-Triebfedern wie den Verteidigern Adam Fox (0-1-1, -6) und K'Andre Miller (0-0-0, -5) sowie den Stürmern Artemi Panarin (1-2-3, -4), Zibanejad (1-1-2, -3), Kreider (1-1-2, -3), Frank Vatrano (1-1-2, -3), Andrew Copp (0-1-1, -3), Filip Chytil (0-0-0, -2), Alexis Lafreniere (0-0-0,
-4) und Kaapo Kakko (0-0-0, -1) der Treibstoff aus. In den letzten vier Spielen wurde die erste Reihe um Kreider, Zibanejad und Vatrano (kumuliert: 3-3-6) weitestgehend von Brandon Hagel, Anthony Cirelli und Alex Killorn abgemeldet. Auch die so talentierte "Kid-Line" mit Chytil, Lafreniere und Kakko (kumuliert: 0-0-0) blieb vier Partien in Folge ohne Scorerpunkt.
Lehrgeld gegen erfahrene Lightning
Hinzu kam ein eklatanter Unterschied in Sachen Playoff-Erfahrung, die sich immer wieder als wertvoller Faktor erweist. Während sich New York erstmals nach fünf Jahren wieder für die Stanley Cup Playoffs qualifizieren konnte, spielte Tampa in diesem Zeitraum immer Playoffs und gewann zuletzt zweimal in Folge den Stanley Cup. Beim Playoff-Run 2022 hatte der Rangers-Kader einen Altersdurchschnitt von 26,5 Jahren und stellte nur drei Spieler mit mehr als 100 sowie acht Spieler mit mehr als 50 Playoff-Spielen. Zum Vergleich: Das Lightning-Aufgebot war mit 29,5 Jahren im Schnitt drei Jahre älter und hatte acht Spieler mit über 100 sowie 14 Spieler mit über 50 Playoff-Einsätzen. Diese Abgebrühtheit machte in dieser Serie auch einen Unterschied und ermöglichte Tampa Bay ein Comeback mit vier Siegen in Serie.
Zu wenig Verkehr vor Vasilevskiy
Video: TBL@NYR, Sp5: Vasilevskiy rettet gegen Lindgren
Den ultimativen Unterschiedsspieler bei den Lightning konnten die Rangers nur in den ersten beiden Spielen herausfordern: In Spiel 1 und Spiel 2 kassierte dieser neun Gegentore, hatte einen Gegentorschnitt von 4,6 und eine Fangquote von 85,5 Prozent. Doch in den Spielen 3 bis 6 wurde Tampas Torwart wieder zur unüberwindlichen Mauer: Vasilevskiy hielt vier Siege fest, mit 1,25 Gegentoren/Spiel und beeindruckenden 95,5 Prozent Fangquote. Doch was hatte sich verändert? New York schaffte es nicht mehr, Scheiben und Körper zum Tor zu bekommen. Das lässt sich auch in Zahlen belegen: Bei den beiden Siegen hatten die Rangers durchschnittlich 31,0 Torschüsse abgegeben, bei den vier Niederlagen waren es nur noch 27,8.
Strahlende Zukunft voraus
Auch wenn bei den Rangers gerade die beschriebene Leere und der Schmerz überwiegt, so konnten sie doch wertvolle Erfahrungen für die Zukunft sammeln. In dieser dürften sie jedenfalls eine große Rolle spielen: Die vor Jahren eingeleitete Umbruch ist geschafft, viele Schlüsselspieler wie die Fox (24) und Miller (22) kommen erst noch ins beste Verteidiger-Alter. Auch Torwart Igor Shesterkin (26) zählt schon jetzt zu den besten Torhütern auf diesem Planeten. Hinzu kommen hochtalentierte Stürmer wie Chytil (22), Kakko (21) oder Lafrieniere (20), die schon jetzt bleibenden Eindruck hinterlassen haben und noch eine Menge Potenzial in sich tragen. Und auch mit den Routiniers im Kader wie Kreider (31), Panarin (30), Zibanejad (29), Ryan Strome (28) und Trouba (28) ist auch in den nächsten Jahren zu rechnen.
Spannend dürfte sein, ob New York die auslaufenden Verträge von Copp, Braun, Strome, Vatrano und Kevin Rooney verlängert. Immerhin warten mit Braden Schneider (20), Zac Jones (21), Matthew Robertson (21), Karl Henriksson (21), Will Cuylle (20), Brennan Othmann (19), Ryder Korczak (19) und Jayden Grubbe (19) schon die nächsten vielversprechenden Talente in der Prospects-Pipeline.