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Fünfundzwanzig Jahre nach Wayne Gretzkys letzter NHL-Saison sind sein Vermächtnis und seine Statistiken noch immer eine Klasse für sich. In dieser Saison wird NHL.com/de deshalb am letzten Sonntag eines jeden Monats während der regulären Saison von ehemaligen und aktuellen Stars erfahren, was der ‚The Great One‘ für das Spiel bedeutet hat und wie er die Liga auch heute noch beeinflusst.

\In dieser Ausgabe: Eine ganz andere Ära \

Wie herausragend die Statistiken von Wayne Gretzky über seine ganze Karriere hinweg waren, wurde bereits in der letzten Folge dieser Serie herausgehoben. Vergleiche mit der Gegenwart erschweren die enormen Veränderungen, die das Eishockeyspiel, speziell auch in dieser Liga, seither durchgemacht hat. Wie sehr sich die Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten für die besten Spieler der Welt in der NHL weiterentwickelt haben, wäre Thema für mindestens ein ganzes Buch.

Genannt seien hier und heute an dieser Stelle ein paar der signifikantesten Veränderungen seit den 1980er-Jahren: Die Spieler trainieren heutzutage das ganze Jahr über, ihre Ausrüstung ist leichter als je zuvor, und das Spieltempo ist nicht mit dem zu vergleichen, was man vor 30 oder 40 Jahren gesehen hat.

Gretzky, Messier gewinnen Spiel 7 im Cup-Finale

Das Ergebnis dieser Weiterentwicklung lässt sich unter anderem an einigen Statistiken besonders deutlich ablesen. Als Gretzky in der Saison 1985/86 seine legendären 215 Punkte (52 Tore und 163 Assists in 80 Spielen) verbuchen konnte, kamen nur zwei Torhüter mit mehr als 25 Saisoneinsätzen auf eine Fangquote von 90 Prozent oder mehr. Diese waren Bob Froese von den Philadelphia Flyers mit 90,9 Prozent und Kelly Hrudey von den New York Islander mit 90,6 Prozent. In der Spielzeit 2022/23 gelang es 30 Torhütern mit 25 oder mehr Saisoneinsätzen die 90-Prozent-Marke zu übertreffen. Angeführt wurde das Ranking in der Vorsaison von Linus Ullmark von den Boston Bruins mit 93,8 Prozent, gefolgt von Filip Gustavsson von den Minnesota Wild mit 93,1 Prozent Erfolgsquote. Alleine diese Statistik zeigt die deutlichen Veränderungen auf. 

Kein Wunder also, dass aktuelle Spieler in Gesprächen immer wieder betonen, dass nichts vom Gesagten Gretzkys Leistungen schmälern soll. Schließlich gab es damals schlicht niemanden, der mit ihm mithalten konnte. Sie alle erkannten an, wie weit sich die Liga von den Tagen mit Schlägern aus Holz, Schlittschuhe aus Leder und Spieler, die keinen Helm tragen, inzwischen entfernt hat - und um wie viel besser Gretzky war im Vergleich zu den anderen NHL-Spielern dieser Zeit.

Eine große Wertschätzung genießt Gretzky unter anderem beim gebürtigen Kölner Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers. Draisaitl erinnerte sich im Gespräch mit NHL.com/de:

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„Mein Vater hat ja bei den Olympischen Spielen gegen ihn gespielt. Daher war mir der Name Gretzky natürlich immer schon ein Begriff und ich versuche so oft es geht auf YouTube ein bisschen zu gucken. Es ist ziemlich lustig zu sehen, wie sich das Eishockey seither entwickelt hat, aber er war einfach allen so weit voraus. Das ist schon etwas Besonderes.“

Angesprochen auf die Veränderungen im Spiel seit dieser Zeit, gab sich Draisaitl zögerlich.

„Ich bin die falsche Person, um das zu fragen“, meinte er. „Ich weiß nicht, wie es war, aber ich glaube, als sich die Ausrüstung veränderte, hat sich vielleicht auch die Geschwindigkeit des Spiels erhöht, daher ist es aus meiner Sicht schwer, die beiden Epochen direkt miteinander zu vergleichen. Fast hat man das Gefühl, das sind zwei verschiedene Arten von Eishockey.“

Das sieht auch Filip Forsberg von den Nashville Predators ähnlich. Der Schwede betonte:

„Es ist einfach so anders, aber man kann es nur vergleichen, wenn man sich alle anderen Spieler aus seiner Ära einmal im Vergleich zu ihm ansieht. Er hat so viele Punkte mehr gesammelt als jeder andere, der zur gleichen Zeit gespielt hat. Mario Lemieux ist der einzige, den man wirklich mit Gretzky vergleichen kann, aber er hatte natürlich eine deutlich kürzere Karriere im Vergleich zu Gretzky.“

Der Schweizer Abwehrspezialist J.J. Moser von den Arizona Coyotes gab sich auf Gretzky angesprochen ebenfalls ehrfurchtsvoll:

„Ich frage mich ja immer 'Wie konnte er so viele Tore schießen, wenn er flach auf dem Eis liegt?' Das ist die eine Sache, die mir immer in den Sinn kommt, wenn ich Highlights aus seiner Karriere sehe. Und ich staune auch, dass sie scheinbar die ganze Zeit Slapshots gemacht haben. Das sind die Dinge, die mich aus diese Ära am meisten erstaunen.“

Beim finnischen Abwehrspieler Miro Heiskanen von den Dallas Stars genießt ‚The Great One‘ ebenfalls höchsten Respekt.

„Natürlich waren das damals andere Zeiten, aber er war einfach so viel besser als alle anderen. Es ist beeindruckend zu sehen, dass er einfach im Kreis laufen konnte, um andere herumfuhr und zugleich drei Tore in einem Spiel schießen konnte. Das sah bei ihm immer so einfach aus. Ich denke, Connor McDavid von den Oilers hat in der heutigen Zeit einige gewisse Ähnlichkeiten mit Gretzky. Er ist ein so guter Schlittschuhläufer und kann alles mit dem Puck machen. Trotzdem hat er ganz andere Zahlen vorzuweisen. Daran erkennt man schon, dass es wahrscheinlich nicht einfach war, Gretzky zu verteidigen.“

McDavid sieht aber schon noch einen gehörigen Unterschied zwischen seiner Person und der NHL-Legende.

„Ich glaube, wenn ich ‚Gretz‘ in den Aufzeichnungen seiner Spiele beobachte, dann bewundere ich an ihm vor allem seine Gelassenheit mit dem Puck, seine große Geduld“, betonte er. „Die Spielzüge, die er gemacht hat, sah damals einfach niemand kommen.“

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JJ Peterka von den Buffalo Sabres konnte seine Begeisterung gegenüber NHL.com/de in Bezug auf Gretzkys sporthistorische Leistungen auch nicht verbergen. 

„Ich meine, er ist irgendwie einfach da durchgerannt. Für mich als jungen Spieler ist es total beeindruckend, wie er über die gesamte Spielfläche gelaufen ist, ohne dass ihn einer auf seinem Weg aufhalten konnte. Es ist für mich ziemlich cool zu sehen, wenn ein Spieler auf dem Eis so dominant ist."

Top-Rookie Connor Bedard, der Nummer-1-Pick im NHL Draft 2023, der inzwischen für die Chicago Blackhawks in der Liga aktiv ist, staunt insbesondere über das Spielgerät aus Holz, mit dem Gretzky seinerzeit für so viel Furore sorgte.

„Dass er mit einem Holzschläger diese Zahlen erreichen konnte, ist erstaunlich.  Mit den Stöcken, die wir haben, hat schon lange niemand mehr 70 oder 80 Tore erzielt. Er war offensichtlich ein ganz besonderer Spieler“, staunte Bedard.

Viel Anerkennung ist der NHL-Legende auch von Brady Tkachuk sicher, der für die Ottawa Senators aktiv ist.

„Er war auf jeden Fall ganz anders als die anderen Spieler seiner Zeit“, gab sich der Stürmer beeindruckt von Gretzkys Auftritten. „Wenn ich mir die Highlights meines Vaters Keith auf Video ansehe und mich einfach an das Spiel von damals erinnere, dann sieht man aber auch, wie sehr sich das Spiel in Bezug auf Schnelligkeit und Geschicklichkeit weiterentwickelt hat. Beide Epochen, damals und heute, machen sicherlich auf ihre Art und Weise Spaß. Manchmal scherzen mein Bruder Matthew und ich darüber, wie spaßig es wohl wäre, auch in dieser Ära zu spielen...“

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