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Erstmals in seiner zehnjährigen NHL-Karriere schaffte es Leon Draisaitl ins Stanley Cup Finale. Auch wenn die Edmonton Oilers die Best-of-7-Serie mit 3-4 gegen die Florida Panthers verloren, war es ein bittersüßes erstes Finale für den 28-jährigen Kölner. Den Ausschlag gab eine 1:2-Auswärtsniederlage in Spiel 7 am Montag.

"Wir haben das zweite Tor nicht erzielt, obwohl wir einige gute Chancen hatten, doch es wollte einfach nicht fallen", resümierte ein sichtlich konstanierter Draisaitl danach. "Wir waren nach einer harten Saison nur einen oder zwei Schuss davon entfernt, zu gewinnen. Wir haben hart genug gearbeitet, um es zu erreichen. Jetzt geht es von vorne los und wir müssen uns erst wieder durch eine reguläre Saison mit 82 Spielen arbeiten. Es ist einfach nur schwer gerade."

Bittersüße Final-Premiere

Draisaitl war die ganze Saison ein Offensiv-Motor für die Oilers. Nachdem der Deutsche in der regulären Saison über 100 Scorerpunkte (41-65-106) gesammelt hatte, waren es auch seine Tore und Vorlagen, die Edmonton bis ins Finale vordringen ließen: In 25 Spielen sammelte der Center 31 Punkte (10-21-31). Darunter eine Punkteserie von 13 Partien gleich zum Beginn der Playoffs.

Mit dem Gewinn der Western Conference und dem erstmaligen Erreichen der Stanley Cup Finals fiel auch bei Draisaitl eine Menge Ballast ab. „Es ist etwas Besonderes. Jedes Kind, das Hockey spielt, träumt davon und will eine Chance haben, einen Stanley Cup gewinnen“, sagte der Kölner am Tag vor dem seinem ersten Spiel in einem Stanley Cup Finale. „Es war ein langer Weg. Es ist schwierig, überhaupt zu diesem Punkt zu kommen. Jetzt hier zu stehen ist natürlich eine Erleichterung. Ich freue mich brutal darauf.“

Draisaitl äußert sich gegenüber Sky Sport nach Sp7

Diesen süßen Momenten folgten in den ersten drei Partien auch bittere Momente. In Spiel 1 und 3 waren die Oilers mindestens gleichwertig, starteten aber mit drei Niederlagen ins Stanley Cup Finale. Individuelle und kollektive Fehler nutzten effektive Florida Panthers gnadenlos aus. Edmontons Power-Offensive, die sie überhaupt erst soweit hatten vordringen lassen, entwickelte dagegen zu wenig Durchschlagskraft.

Das galt anfangs insbesondere für die Top-Spieler der Oilers, zu denen auch Draisaitl zählt. Der Mittelstürmer blieb in fünf der sieben Final-Spiele ohne Scorerpunkt. „Natürlich sind wir dafür da, um Tore zu produzieren“, nahm sich Draisaitl selbst in die Pflicht. „Florida hat einen guten Job gemacht, unsere Chancen zu limitieren.“

Am Ende reichte es zu keinem Tor, immerhin aber zu drei Assists für Draisaitl in der Finalserie. Zu den besseren Spielern auf Seiten von Edmonton zählte der Kölner trotzdem. „Manchmal ist es nicht fair, einen Spieler nur nach seinen Punkten, Toren und Assists zu beurteilen“, sagte Trainer Kris Knoblauch. „Er ist ein stolzer Spieler, er versteckt sich nicht oder sucht irgendwelche Ausreden. Leon übernimmt viel Verantwortung.“

SCF Sp6: Foegele verwertet Draisaitl-Pass zur Führung

Schmerzhafte, aber wertvolle Erfahrungen für die Zukunft

"Wir haben immer an uns geglaubt, dass wir gewinnen können", betonte Draisaitl. "Wir waren so nahe dran, so dass es hart sein wird, das zu verarbeiten. Wir können uns nichts dafür kaufen."

Auch wenn das Aus am Ende ein Gefühl von Enttäuschung hinterlässt, so wird es Draisaitl und die Oilers für die Zukunft enorm helfen. Frag nach bei den Siegern auf der anderen Seite: Im Vorjahr waren die Panthers für viele völlig überraschend bis ins Finale vorgedrungen, zahlten dort aber gegen abgezockte Vegas Golden Knights Lehrgeld (1-4). Genau diesen Schmerz brauchte es, um in der nächsten Saison mit grenzenlosem Titel-Hunger erst die Atlantic Division zu gewinnen, dann die Eastern Conference zu erobern und am Ende nach dramatischen sieben Spielen den Stanley Cup in die Höhe zu stemmen.

Stanley Cup Champions aus den letzten Jahren machten immer wieder einen ähnlichen Verlauf durch. 2022 etwa die Vegas Golden Knights, 2020 der Tampa Bay Lightning. Oder frage nach bei den Washington Capitals 2018. Es ist vielleicht genau dieser Schmerz, den es braucht, um daraus zu einem Meister wachsen zu können.

Auch Edmonton wird von diesen seltenen Erfahrungen auf der größten Eishockey-Bühne der Welt profitieren und nach diesem Stahlbad für die Nerven gestärkt daraus hervorgehen.

"Man kann kaum hungriger werden dadurch", erklärte Draisaitl. "Aber es geht darum, Lektionen zu lernen. Wir haben uns die letzten Jahre weiterentwickelt und unsere Lektionen gelernt. Es ist hart, seine Lehren daraus zu ziehen, wenn man so knapp dran war, alles zu erreichen."  

Draisaitl ist mit 28 Jahren im besten Stürmer-Alter und dürfte mit dem Gefühl unerledigter Arbeit noch gefährlicher werden als ohnehin schon. Die NHL sollte für die Saison 2024/25 gewarnt sein.

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