Bourque, die Avalanche feiern Sieg im Cup Finale 2001

Der 9. Juni 2001 ist bei David Aebischer in ganz besonderer Erinnerung. Aber nicht nur dieser Tag selbst, sondern die komplette NHL-Saison 2000/01, die sein erstes Jahr in der NHL darstellte. Gekrönt wurde dieses eben am erwähnten Datum mit dem Gewinn des Stanley Cup. Zum ersten Mal durfte ein Schweizer die begehrte Trophäe des Eishockeys in die Höhe stemmen. Wir blicken gemeinsam mit ihm auf dieses historische Sportereignis 20 Jahre später zurück.

Der 1978 in Fribourg geborene Aebischer war Eishockey-Torhüter und wurde im NHL Draft 1997 von den Colorado Avalanche in der 6. Runde an insgesamt 161. Stelle gedraftet. Zuvor hatte er als 18-Jähriger bei der Junioren-Weltmeisterschaft 1997 mit starken Leistungen auf sich aufmerksam gemacht.

Roman Josi spricht über Aebischers Cupgewinn 2001

Im Sommer 1997 folgte der ungewöhnliche Schritt, denn Aebischer wechselte sofort nach Nordamerika und wurde für diesen Schritt in seiner Heimat sogar teilweise belächelt. Seine Kritiker strafte er Lügen.
"Ich kann mich noch gut erinnern, als David in sein erstes Trainingscamp kam", schildert Uwe Krupp, der als Deutscher von 1994 bis 1998 für die Organisation der Quebec Nordiques und Avalanche spielte und nicht nur durch sein Siegtor zum Gewinn des Stanley Cup 1996 zu diesem Zeitpunkt ein etablierter NHL-Verteidiger war. "Es war ja damals etwas ungewöhnliches, wenn deutschsprachige Spieler in die Liga kamen. Ich wusste ja wie der David sich in seinem ersten Trainingslager fühlen musste. Ein guter Junge und ein super Typ. Wir haben uns sofort gut verstanden und sind zusammen ein Bier trinken gegangen. Das sind die Momente, wo es um menschliche Beziehungen geht, die auch Jahre später hängen bleiben."

aebischer blake

Von Jahr zu Jahr steigerte sich Aebischer nicht nur zum besten Torhüter des Turniers und dem sensationellen Gewinn der Bronzemedaille mit der Schweiz bei der Junioren-Weltmeisterschaft 1998, sondern auch im Farmteam, so dass er in Colorados Trainingscamp im Sommer 2000 zum Backup des großen Patrick Roy bei den Avalanche für die Saison 2000/01 bestimmt wurde. Es sollte ein besonderes Jahr, nicht nur für ihn, werden.
"Das ganze Jahr war ein spezielles Jahr", erzählt Aebischer im exklusiven Interview mit NHL.com/de. "Zuerst hat Patrick Roy den NHL-Siegesrekord von Terry Sawchuk gebrochen (446 NHL-Siege). Ich wusste, dass ich warten muss, bis er diesen Rekord bricht, bevor ich mein erstes NHL-Spiel bekommen würde. Er brach ihn bei einem Back-to-back und wir flogen nach Columbus zum zweiten Spiel. Ich hatte nicht viel geschlafen und habe im Spiel beim ersten Schuss mein erstes Tor kassiert. Doch ich habe es überlebt und wir haben 5:1 gewonnen."
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Ein besonderes Erlebnis gab es nach der Rückkehr nach Denver, an das sich Aebischer noch heute erinnert. "Wir gingen in der Practice Facility aufs Eis und sie hatten im Torraum von Patrick Roy eine 446 ins Eis geschrieben und bei meinem Torraum stand 1-0-0. Das war schon speziell."
Laut Aebischer herrschte in dieser Saison ein besonderer Teamgeist in der Kabine, wie er ihn später kaum mehr erlebt hat. "Es fing im Trainingslager an", schildert er. "Wir waren auf einer Mission, den Stanley Cup zu gewinnen. Wir hatten kleine Durchhänger, aber wir waren die gesamte Saison sehr konstant und haben auch die Presidents' Trophy gewonnen. Klar, in der zweiten Runde gegen L.A. mussten wir über sieben Spiele und haben dort erst durch vier Tore im dritten Drittel 5:1 gewonnen. Das war schon knapp. Aber irgendwie hatten wir immer das Gefühl, dass wir alles unter Kontrolle haben, selbst als wir im Finale Spiel 5 zu Hause verloren haben und 2:3 in der Serie in Rückstand gerieten, Spiel 6 in New Jersey und Spiel 7 daheim gewinnen mussten. Wir hatten so viel Selbstvertrauen, dass wir auch in diesen Situationen Lösungen fanden."
Auch einen besonderen Brauch gab es damals in der Kabine. "In den Playoffs war sehr speziell, dass wir beim ersten Teamdinner alle einen kleinen Stanley Cup als Schlüsselanhänger bekamen und irgendwie kam einer mal drauf und hat den in die Kabine gestellt. Alle Spieler gingen dann immer an diesem Schlüsselhänger vorbei, bevor sie aufs Eis sind und von Runde zu Runde wurde ein bisschen größerer Stanley Cup bis ins Finale gebracht. Es war interessant, wie erwachsene und gestandene Männer mit so einem kleinen Stanley Cup umgingen. Das war eine schöne Geschichte. Und natürlich am Ende, dass Ray Bourque nach so langer Zeit, diesen Kübel in die Höhe strecken konnte, war überragend."

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Verteidiger Bourque konnte nach 1.612 Spielen der regulären Saison (410 Tore, 1169 Assists, 1.579 Punkte) und 214 Playoff-Spielen (41 Tore, 139 Assists, 180 Punkte) im Jahr 2001 erstmals den Stanley Cup gewinnen, nachdem er in seiner Karriere zuvor zwei Mal mit den Boston Bruins (1988, 1990) im Finale gescheitert war.
Bourque trug seinen Teil zum Erfolg bei, wie Aebischer aus dem Spiel 3 vom Finale gegen die New Jersey Devils zu berichten weiß. "Es stand 1:1 in der Serie und nach zwei Dritteln ebenfalls 1:1, als Ray Bourque ankündigte, dass er jetzt ein Tor schießen würde und im nächsten Wechsel machte er in der Tat das 2:1 und wir haben 3:1 gewonnen. Das war schon beeindruckend."
Das gute Ende ist ebenfalls in bester Erinnerung. "Die letzten fünf Minuten in Spiel 7 führten wir 3:1, nachdem Alex Tanguay, ein Schlüsselspieler, der in einer Reihe mit Joe Sakic spielte, zwei Tore gemacht hat. Es war in der Halle so laut, dass wir uns auf der Bank nicht mehr verstehen konnten. Das war Gänsehaut pur."

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Selbst Verteidiger Roman Josi, der heutige Kapitän der Nashville Predators aus Bern, damals erst elf Jahre alt, schwärmt heute von Aebischers Cupgewinn: "Das war ein Riesen-Highlight für das Schweizer Eishockey. David war der erste Spieler, der sich so richtig in der NHL durchgesetzt hat. Es ist schon eine Weile her, aber es ist mir immer noch gut in Erinnerung, als er gewonnen hat. Die Euphorie war riesig in der Schweiz und ich selbst habe es immer geliebt, ihm zuzuschauen. Es war ein Meilenstein, denn danach haben sich immer mehr Spieler durchgesetzt."
Für Josi war dieser Moment auch für die eigene Karriere in der NHL inspirierend. "Klar, war das auch für mich eine Motivation, irgendwann mal an diesen Punkt zu kommen", verdeutlicht er. "Ich glaube, es war für viele junge Eishockeyspieler in unserem Land ein Ansporn, ihm das nachzumachen."
Erst wenige Schweizer haben es seitdem bis an die Spitze geschafft, obwohl ihre Anzahl in der NHL stetig wächst. Torhüter Martin Gerber 2006 mit den Carolina Hurricanes und Verteidiger Mark Streit 2017 mit den Pittsburgh Penguins sind die einzigen weiteren Vertreter des Landes, die in den Stanley Cup eingraviert wurden.
Aebischer, der heutige stellvertretende General Manager und Torwarttrainer des Schweizer Erstligaklubs HC Fribourg-Gottéron, bewahrt viele Erinnerung an dieses Ereignis in seinem Gedächtnis und Herzen, aber weniger sichtbar in seinem Haus, auf. "Der Stanley Cup Ring, den wir bekommen haben, ist bei mir zu Hause nicht sichtbar. Ich habe einen kleinen Stanley Cup sichtbar stehen, doch der Ring ist in einer Schublade und wird nur rausgeholt, wenn ihn ein Gast sehen will. Wenn ich ehrlich bin, habe ich ihn nicht oft an, weil er in der Schweiz nicht unbedingt tragbar ist (lacht). Er ist natürlich eine schöne Erinnerung."