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Phil Pritchard, Museumskurator bei der Hockey Hall of Fame, hat sich bereits einen Stapel weißer Handschuhe zurechtgelegt. Diese braucht er, wenn er demnächst wie jeden Sommer in den vergangenen 36 Jahren mit dem Stanley Cup im Gepäck auf Reisen geht. Schließlich handelt es sich nach seinen Worten nicht bloß um einen Pokal, sondern um ein altehrwürdiges Museumsstück. Seit 1995 haben Spieler und Staff des frischgebackenen Gewinners die Möglichkeit, einen Tag lang mit dem Cup an einem Ort ihrer Wahl zu verbringen. Und Pritchard ist seit 36 Jahren immer mit von der Partie.

100 Tage sei er mit dem gesamten Unterfangen beschäftigt, von der Planung bis zur Umsetzung. Derzeit plant er seine neueste Tour auf Grundlage der Wünsche, die ihm von den Florida Panthers übermittelt werden. Sie wird ihn wieder in viele Gegenden Nordamerikas und Europas führen, diesmal allerdings nicht nach Deutschland und die Schweiz. An die früheren Reisen und Begegnungen mit den Champions dort erinnert sich Pritchard jedoch sehr gerne, wie er in einem Gespräch mit NHL.com/de verriet.

Seine vorerst letzte Dienstreise führte ihn 2022 nach Deutschland, als Nico Sturm mit den Colorado Avalanche im Stanley Cup Finale gegen die Tampa Bay Lightning triumphiert hatte. „Wir fuhren mit dem Cup im Kofferraum von Tschechien nach Augsburg, wo uns eine große Menschenmenge erwartete“, erzählte Pritchard. „Nico hat viel Zeit in der Arena und mit Nachwuchsspielern verbracht. Sie alle wollten Fotos mit ihm und dem Cup machen. Später haben wir seine Familie kennengelernt. Alle sind unheimlich nett gewesen.“

Sturm cup 63024

2018 hatte Pritchard rund 150 Kilometer südöstlich Station gemacht, nämlich bei Philipp Grubauer in Rosenheim. Der hatte in jenem Jahr mit den Washington Capitals in der Finalserie mit 4:1 gegen die Vegas Golden Knights die Oberhand behalten.

„Ich kann mich erinnern, wie er zum Flughafen München kam und die Lederhosen anhatte. Alle Leute wollten Fotos von ihm. Die dachten vermutlich, dass schon Oktoberfest ist (lacht). Dann hat er den Stanley Cup ausgepackt und alle waren platt“, berichtete Pritchard. „Seine Party nachts in der Bar war großartig. Und der Morgen war ebenfalls toll. Wir haben in einem Restaurant gefrühstückt und dafür den Stanley Cup die Hälfte des Weges mit dem Trolley gezogen und ihn dann nach oben ins Lokal getragen, wo es ein Frühstück gab. Philipp, seine Familie und wir alle hatten riesigen Spaß.“

2016 hatte Pritchard den Stanley Cup erstmals zu einem Sieger nach Deutschland gebracht. Der Landshuter Tom Kühnhackl ließ sich den Pokal nach dem Erfolg mit den Pittsburgh Penguins in seine Heimatstadt nach Niederbayern bringen. 2017 präsentierte er ihn dort ein zweites Mal.

Uwe Krupp, der 1996 den Stanley Cup mit Colorado und 2002 mit den Detroit Red Wings holte, und Dennis Seidenberg, der 2011 mit den Boston Bruins reüssierte, entschieden sich dagegen dafür, lieber in den USA zu feiern.

Zwei Reisen führten Pritchard mit dem Cup in die Schweiz. 2001 zu David Aebischer nach Fribourg und 2017 zu Mark Streit nach Bern. Aebischer hatte mit den Avalanche gewonnen und Streit mit den Penguins. „Beide waren unheimlich stolz darauf, die Trophäe daheim zu zeigen“, so der Cup-Keeper.

Streit cup 63024

Pritchard freut sich ungemein, dass bei solchen Events in der Regel nicht nur ein kleiner Kreis von Menschen involviert ist, sondern ganze Ortschaften auf den Beinen sind. „Bei Philipp Grubauer in Rosenheim konnte nicht einmal der Regen die Menschenmassen abhalten, zur Feier auf der großen Wiese zu kommen. Dieses Beispiel und viele andere zeigen, welche Anziehungskraft Eishockey besitzt.“

Pritchard empfindet die vielen Reisen und die Treffen mit den Spielern in ihrem privaten Umfeld als Privileg. „Viele fragen mich, ob es beruflich die härteste Zeit für mich im Jahr ist. Ich würde eher sagen die längste. Aber ich genieße es, die verschiedenen Städte kennenzulernen, die unterschiedlichen Kulturen und das landestypische Essen“, hob er hervor.

Man erlebe die Jungs an diesen Tagen nicht als Eishockey-Profis, sondern als Leute wie du und ich. „Sie wollen dir unbedingt ihren Lieblingsplatz im Ort zeigen oder wo sie zur Schule gegangen sind. Sie wollen dir ihr Lieblingsessen auftischen, egal ob Nudeln oder Schnitzel, und dir ihren Jugendtrainer vorstellen. All diese ganz normalen Dinge. Genau das macht die NHL-Familie weltweit aus“, schilderte Pritchard.

Nun darf er gespannt darauf sein, welche besonderen Erlebnisse ihn auf der bevorstehenden Tour zu den Spielern der Panthers erwarten.