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Dennis Seidenberg hat als Höhepunkt seiner Karriere im Jahr 2011 als zweiter Deutscher den Stanley Cup gewonnen. Der heutige Entwicklungstrainer der New York Islanders wird in einer monatlichen Kolumne exklusiv für NHL.com/de seine Ansichten zu Teams, Spielern und brennenden Fragen teilen.

Hier die dritte Ausgabe 24/25:

Thanksgiving liegt hinter uns und der Dezember ist bereits angebrochen. Damit sind über ein Viertel der regulären Saison absolviert und es wird langsam deutlicher, welche Teams in Richtung Stanley Cup Playoffs unterwegs sind und bei welchen es schwer werden wird.

Auffällig ist, dass die ambitionierten Teams aus der Atlantic Division mit unseren deutschen Spielern sich erneut schwertun, über den Strich zu kommen. Ich spreche von den Buffalo Sabres mit JJ Peterka, den Detroit Red Wings mit Moritz Seider und den Ottawa Senators mit Tim Stützle.

COL@BUF: Peterka lauert am zweiten Pfosten und trifft per Direktabnahme

Alle drei hatten gehofft, mit ihren Mannschaften in dieser Saison endlich in die Playoffs einziehen zu können. Sie sind sehr talentierte Teams, aber es fehlt allen dreien leider erneut an der Konstanz und sie machen so weiter wie bisher, es geht hoch und runter. Wenn sie das nicht in den Griff bekommen, dann werden sie weiter straucheln. Mit den Kadern und den Leuten, die sie haben, müssten sie eigentlich besseres und erfolgreicheres Eishockey spielen. Schwer zu sagen aus der Ferne, woran genau es hakt.

Natürlich kann sich das in dieser Saison wieder ändern und es ist noch einiges an Eishockey zu spielen, jedoch ist es immer schwieriger, dem Geschehen hinterherzulaufen als weiter vorne zu agieren. Im ersten Fall ist es fatal, wenn dann eine Niederlagenserie dazukommt, während man im zweiten Fall das wieder leichter ausbügeln kann.

In der Atlantic Division ist es aber schwierig, dem jetzt schon wieder vornestehenden Quartett mit dem Toronto Maple Leafs, den Florida Panthers, den Tampa Bay Lightning und den Boston Bruins, die Stellung streitig zu machen. Boston konnte noch nicht so richtig überzeugen. Florida hatte ebenfalls zuletzt eine Schwächephase. Also eine Siegesserie würde einen schnell ein paar Platzierungen nach vorne bringen. Aber im Moment scheint das niemand so richtig zu können.

In der Metropolitan Division haben sich drei Teams schon etwas abgesetzt, doch dahinter ist es richtig eng, was schön für die Zuschauer ist. So bleibt es an allen Standorten spannend. Aber für Teams, die hohe Erwartungen haben, ist es natürlich enttäuschend, wenn es nicht so gut läuft. Die New York Rangers waren zum Beispiel vor der Saison erneut ein Top-Favorit, doch zuletzt gab es für sie sechs Niederlagen in sieben Spielen. Die Rangers haben Probleme in der Defensive und lassen dem Gegner zu viele Chancen zu. Es zeigt sich, dass es kein gutes Mittel ist, sich allein auf seinen Torhüter, in dem Fall Igor Shesterkin, zu verlassen. Und die starke Offensive kann auch nicht alles wettmachen.

Apropos Offensive. Stützle hat letztens sein 100. Tor erzielt, kurz nachdem er sein 300. NHL-Spiel absolviert hatte. Tim hat in dieser Phase 23 Punkte mehr als Leon Draisaitl erzielt. Ich will diese grandiose Leistung von Tim bestimmt nicht schmälern, aber Leon hat danach erst richtig losgelegt. Es ist schon eine große Nummer für Tim, wenn er bei den Punkten Schritt halten will. Leon dominiert jetzt schon ein paar Jahre in der Liga und selbst wenn Connor McDavid ausfällt, dann trägt er die Edmonton Oilers auf seinem Rücken.

VAN@OTT: Stützle verkürzt für die Senators im dritten Drittel

Ich denke schon, dass Tim das Talent dafür hat, diese Rolle bei den Senators ebenfalls auszufüllen und sich noch mehr zu einem weiteren Aushängeschild des deutschen Eishockeys entwickeln kann. Allerdings sind sie vom Spielertyp sehr verschieden, so dass man die Punkte im Vergleich nicht ganz so in den Vordergrund schieben kann. Leon ist groß und kräftig, versteht es den Puck abzuschirmen und ist ein großartiger Passgeber, der selbst Tore schießen kann. Tim ist hingegen schneller, explosiver und wendiger. Er kann so Spiele diktieren und entscheiden, wenn er plötzlich durch die Lücke stößt und ein Tor schießt. Aber die wahre Größe eines Sportlers zeigt sich erst in der Beständigkeit seiner Leistung über die Jahre hinweg und da steht Tim erst noch am Anfang, während Leon seine Klasse bereits bewiesen hat.

Etwas in der Krise ist Philipp Grubauer, der die Nummer 1 bei den Seattle Kraken an Joey Daccord zunächst verloren hat. Aber ich halte Grubi mit seiner Erfahrung für stark genug, aus diesem Loch zu kommen und in die alte Erfolgsspur zu kommen. Es hängt aber von einigen Faktoren ab, denn das Trainerteam und die Mannschaft müssen weiter hinter ihm stehen. Sollte er hier nicht mehr das Vertrauen bekommen, dann wird es schwierig. Ein Torhüter ist nämlich immer stark von seiner Defensive abhängig. Es ist daher als Torwart nicht leicht, aber Grubi hat die Erfahrung von vielen Jahren und ist ehrgeizig genug, dass er zurück zu seiner alten Stärke finden wird.

Ich habe oft genug diese Höhen und Tiefen selbst erlebt. Die gibt es im Sport und dann muss man einfach in der Gegenwart leben, denn nur die kann man beeinflussen. Die Zukunft resultiert nur daraus.