hurricanesFEATURES

Wer die Carolina Hurricanes nach dem 0:3-Rückstand nach Spielen in der zweiten Runde der Stanley Cup Playoffs der Eastern Conference gegen die New York Rangers abgeschrieben hat, wird sich jetzt wohl verwundert die Augen reiben. Dank eines fulminanten Schlussdrittels gewann die Mannschaft von Trainer Rod Brind’Amour Spiel 5 der Serie am Montag mit 4:1 bei den New York Rangers, verkürzte auf 2:3 und schickte die Serie damit für Spiel 6 wieder zurück nach Raleigh.

Man bekommt im Sport relativ schnell ein Gespür dafür, wenn Trainer nicht zufrieden sind mit dem, was ihre Schützlinge zuvor geboten haben. Die Gesichtszüge sind dann eingefroren, die Antworten etwas knapper. Aber sie sind Profis, und deshalb stellen sie sich auch nach einer Niederlage den Fragen. Peter Laviolette macht da keine Ausnahme. Man merkte dem Coach der New York Rangers nach dem 1:4 im heimischen Madison Square Garden an, dass er mit der Leistung seines Ensembles nicht einverstanden war.

Laviolette: „Waren nicht auf der Höhe“

„Wir waren heute nicht auf der Höhe. Wir haben schon im ersten Drittel zu viele Chancen zugelassen. Es war nicht nur das dritte Drittel“, befand er nach der Pleite in Spiel 5. Mit was genau er nicht zufrieden gewesen sei, wollte er nicht ins Detail gehen. „Wir müssen viele Dinge besser machen.“ Und ja, selbstverständlich sei er besorgt. „Wann immer man nicht entsprechend seiner Fähigkeiten spielt, macht man sich Sorgen“, sagte der Coach.

In der Tat konnte man schon im ersten Drittel den Eindruck bekommen, dass der Erfolg in Spiel 4 den Hurricanes einen Schub gegeben hat. Igor Shesterkin im Tor der Gastgeber musste bereits nach 17 Sekunden gegen Jordan Staal hellwach sein. Danach war er noch bei einem Bauerntrick von Sebastian Aho und einem Alleingang von Jake Guentzel gefordert. Am Ende hatte er 24 Saves auf dem Konto.

Andersen bekommt Zuschlag

Auf der Gegenseite hatte sich Brind’Amour erneut für Frederik Andersen entschieden. In der regulären Saison hatten die Hurricanes noch viel Erfolg mit einer Arbeitsteilung im Tor. Pyotr Kochetkov stand in den Playoffs allerdings bislang nur in Spiel 3 gegen die Rangers (2:3-Niederlage nach Verlängerung) zwischen den Pfosten. Vor der Partie lautete die Bilanz von Andersen in Spielen, in denen sein Team ausscheiden kann, 4-7 bei einer Fangquote von 89,8 Prozent. Beide Statistiken hat der Däne jetzt ein bisschen aufgehübscht.

Und doch sah es im Madison Square Garden lange nicht danach aus, als ob die Hurricanes die Serie noch mal verlängern könnten. Was zum einen daran lag, dass das Powerplay erneut keine Durchschlagskraft entwickelte (0-3). Im Gegenteil. Denn auf der anderen Seite blockte Rangers-Verteidiger Jacob Trouba im zweiten Drittel bei Überzahl der Hurricanes einen Schuss von Aho, zog auf und davon und ließ Andersen mit einem platzierten Schuss zum 1:0 (27.) keine Chance.

CAR@NYR R2, Sp5: Trouba schießt in Unterzahl als Erstes ein

Staal reißt alle mit

Doch der Schlussabschnitt gehörte dann deutlich den Gästen, die viermal in Folge trafen und sich damit für eine engagierte Leistung belohnten. Veteran Jordan Staal machte den Anfang, als er frisch von der Bank kommend zuerst Verteidiger Braden Schneider und danach Shesterkin umkurvte und zum Ausgleich einschob (44.). Für den Routinier, der 2009 mit den Pittsburgh Penguins den Stanley Cup gewann, war es der erste Treffer in den diesjährigen Playoffs. „Das war ein super Move von Staal. Ich hatte das ganze Spiel über das Gefühl, dass er unser Anführer ist. Er war unglaublich heute“, lobte Sturmkollege Jordan Martinook.

Und die Gäste legten nach. Nur drei Minuten später sorgte Evgeny Kuznetsov für die erste Führung der Hurricanes, als er einen Rebound nach einem Schuss von Brady Skjei, dem Helden aus Spiel 4, aufnahm und versenkte. Rangers-Stürmer Artemi Panarin war zwar an Kuznetsov dran, vermochte aber nicht, seinen russischen Landsmann entscheidend zu stören. „Ich bin so dankbar, dass ich ein Teil dieser Mannschaft sein darf“, meinte Kuznetsov. Das Gefühl vor dem dritten Drittel, dass das womöglich das letzte Drittel der Saison sein könnte, wolle man nicht haben. „Ich bin glücklich, dass wir in der Lage waren, das Spiel zu drehen.“

Martinook frei im Slot

Als Martinook wiederum nur gut drei Minuten darauf völlig frei im Slot auf 3:1 aus Sicht der Gäste erhöhte, war eine Vorentscheidung gefallen. Laviolette nahm früh Shesterkin zugunsten eines zusätzlichen Feldspielers vom Eis, doch Martin Necas machte mit seinem Treffer zum 1:4 ins leere Tor dreieinhalb Minuten vor der Schlusssirene den Deckel auf die Partie. „Wir haben einfach unserem Spiel vertraut“, sagte Staal. Das habe am Ende ausgereicht. „Wir wussten, dass wir unser bestes Drittel spielen müssen. Und genau das haben wir getan. Doch jetzt haben wir zu Hause in ein paar Tagen eine weitere große Herausforderung vor uns. Wir kämpfen ums Überleben.“

„Sie haben gut gespielt im dritten Drittel. Und wir haben nicht genug gegeben. Sie wollten es mehr“, gestand Rangers-Stürmer Vincent Trocheck.

„Wir wissen, dass der vierte Sieg in einer Serie immer der schwierigste ist“, sagte Rangers-Verteidiger Trouba. Der Gegner agiere da immer mit mehr Verzweiflung. „Wir müssen einen Weg finden, das auszugleichen.“ Selbstverständlich wolle man die Serie erfolgreich beenden. Man habe sich jedoch selbst in eine schwierige Position gebracht. „Aber wir haben schon gute Spiele in Carolina gezeigt. Wir wissen, dass wir in der Halle bestehen können. Wir fliegen da hin und zeigen ein besseres Spiel“, versprach er.

Und bei diesem Punkt macht sich auch sein Trainer dann wieder keine Sorgen: „Das Spiel spiegelt nicht die Leistung wider, die wir den überwiegenden Teil der Saison gezeigt haben. Die Mannschaft hatte schon solche Spiele, und sie hat immer die passende Antwort gegeben“, sagte Laviolette.

CAR@NYR R2, Sp5: Martinook verwertet einen Pass vom Slot aus zum 3:1

Brind’Amour: „Viel Verzweiflung“

„Selbstverständlich war im Schlussdrittel bei unseren Aktionen viel Verzweiflung dabei“, bestätigte Brind’Amour. Aber es habe sich trotzdem irgendwie normal angefühlt. „Wir mussten das Drittel gewinnen. Es hat keine Rolle gespielt, wie wir das geschafft haben. Es war ja nicht so, als ob wir tot gewesen wären. Wir waren ja nur einen Schuss vom Ausgleich entfernt. Mit dieser Einstellung sind wir drangegangen.“

„Wir glauben an uns und müssen das jetzt Spiel für Spiel angehen. Man denkt nicht daran, zwei Spiele in Folge zu gewinnen, oder drei oder vier. Es geht nur ums nächste. Und wir sind glücklich, dass wir in die PNC Arena zurückkommen“, befand Necas.

Dieser Glaube wird auch nötig sein. Denn noch nie in der Geschichte der Franchise Hartford Whalers/Carolina Hurricanes gelang es dem Team, eine Serie nach 0:3-Rückstand noch zu drehen (0-6). Geschweige denn, in so einer Konstellation ein Spiel 7 zu erzwingen. Am Donnerstag (7 p.m. EDT; NHL.tv; Freitag, 1 Uhr) haben die Hurricanes also die Chance, nicht nur im Wettbewerb zu bleiben, sondern auch ein bisschen Geschichte zu schreiben.

Verwandte Inhalte