MTL-Canadiens-after-Cup-Loss

"Zum Beginn der Saison haben wir uns als Mannschaft zusammengesetzt. Unser Ziel war es hierhin zu kommen. Wir haben erwartet es bis hierhin zu schaffen", sagte Brendan Gallagher nach der vierten Niederlage im Stanley Cup Finale gegen die Tampa Bay Lightning und damit dem bitteren Ende der Saison 2020/21. Die Montreal Canadiens waren so nah am Titelgewinn, wie seit 1993 nicht mehr, als sie letztmals die Trophäe in die Höhe recken durften.

Im Rückblick scheint die Zielsetzung des Teams zu Saisonbeginn mutig. Kaum jemand hatte die Canadiens als Titelkandidat auf dem Zettel stehen, obwohl sich das Franchise gezielt verstärkt hatte. Mit Tyler Toffoli wurde ein offensivstarker und torgefährlicher Angreifer verpflichtet. Josh Anderson wurde im Tausch mit Max Domi von den Columbus Blue Jackets nach Montreal gelotst und sollte die körperliche Komponente im Spiel der Canadiens verstärken. Dazu sicherten sich die Frankokanadier mit Jake Allen einen starken Back-Up, der im Saisonverlauf in den Fokus rücken sollte. Mit der Erfahrung von Eric Stall und Corey Perry sicherte sich Manager Marc Bergevin viel Erfahrung, die den jungen Spielern bei der Entwicklung helfen sollte.

TBL@MTL, Sp4: Anderson mit seinem zweiten Tor

Alle Änderungen im Kader machten Sinn und die Qualität der Canadiens war sicher höher, als noch in der Vorsaison, als sie zwar die Stanley Cup Playoff-Qualifikation gegen die Pittsburgh Penguins gewannen, dann aber gegen die Philadelphia Flyers in der ersten Runde die Segel streichen mussten und mit 2:4 unterlagen.
Als die neue Saison im Januar für die Canadiens begann, zeigte Montreal die neu gewonnene Stärke schnell. Aus den ersten 12 Partien holten sie 18 Punkte und mauserten sich mit einer 8-2-2-Bilanz zu einem wahren Geheimtipp. Recht schnell landete die Mannschaft jedoch wieder auf dem Boden der Realität. Der frühe Höhenflug wurde jäh unterbrochen. Mit einer Bilanz von 5-6-7 rutschten die Canadiens in den folgenden 18 Partien auf den vierten Rang in der Scotia North Divison ab und mussten plötzlich um die Playoffteilnahme zittern.
Die Schwächephase kostete Trainer Claude Julien am 24. Februar den Posten. Er wurde durch Dominique Ducharme ersetzt, der als Interimstrainer bis zum Saisonende übernehmen sollte. Ducharme war zuvor zwei Jahre als Assistenztrainer unter Julien tätig und kannte die Mannschaft damit gut. Doch auch der neue Trainer benötigte Zeit, um die Canadiens wieder auf Spur zu bringen.
Die nächste Hiobsbotschaft erreichte Montreal am 20. April. Torhüter Carey Price erlitt in der Partie gegen die Edmonton Oilers eine Gehirnerschütterung und fiel lange aus und kehrte erst zu Beginn der Stanley Cup Playoffs zurück. In der Zwischenzeit übernahm Jake Allen die Rolle zwischen den Pfosten und konnte Montreal mit einer Fangquote von 90,7 Prozent der erhoffte Rückhalt sein.
Als letztes Team der NHL sicherten sich die Canadiens ihr Playoff-Ticket und waren damit gegen die Toronto Maple Leafs der krasse Außenseiter. Nach einem Sieg in der Auftaktpartie und drei darauffolgenden Niederlagen schien das Saisonende nur noch Formsache zu sein, doch Montreal gab sich nicht geschlagen, kämpfte sich durch Overtime-Sieg zurück in die Serie und drehte das Duell mit dem ewigen Rivalen aus Toronto noch.

MTL@TOR, Sp7: Perry trifft bei Überzahl zum 2:0 im 2.

Mit viel Selbstvertrauen ging es für die Frankokanadier in die zweite Runde der Playoffs, wo sie mit den Winnipeg Jets kurzen Prozess machten. Vier Siege, keine Niederlage und damit ein Sweep waren das Ergebnis starker Leistungen. Die Canadiens waren die Könige des Nordens und hatten plötzlich eine reale Chance die Finalteilnahme und den Titel.
Großen Anteil am Erfolg hatte Rückkehrer Price, der über die gesamten Playoffs ein Fangquote von 92,4 Prozent hatte und nur 2,28 Gegentore pro Partie zuließ. Seine Zahlen litten in den Finalduellen mit den Tampa Bay Lightning etwas, sonst wäre er in den Statistiken noch weiter vorne zu finden gewesen.
Auf der anderen Seite des Eises konnten sich die Canadiens auf die Formation um Nick Suzuki, Cole Caufield und Toffoli verlassen. Die drei Angreifer waren für 16 der 51 Canadiens-Tore verantwortlich. Besonders Suzuki und Caufield gehört die Zukunft.
Gegen die Vegas Golden Knights ging es für Montreal um den Einzug in das Stanley Cup Finale. Erneut waren die Kanadier der Außenseiter, nachdem Vegas zuvor den Top-Titel-Favoriten, die Colorado Avalanche, ausgeschaltet hatte. Die Canadiens konnten sich erneut durchsetzen und zogen mit dem 4:2-Erfolg nach Spielen in das Finale um den Stanley Cup ein. Nebenbei gewann die Mannschaft die Clarence Campbell Trophy, einen Titel, der in der großen Sammlung noch fehlte und Montreal nur aufgrund der coronabedingten Aufteilung der Divisionen gewinnen konnte.

TBL@MTL, Sp3: Suzuki lässt Verteidiger hinter sich

Im Finale gegen die Lightning musste Montreal erneut als Außenseiter antreten. Schnell machte Tampa Bay klar, dass sie nicht vorhatten das nächste Opfer der selbstbewussten Canadiens zu werden. Die ersten drei Begegnungen gingen an das Team aus Florida. Montreal konnte in Spiel 4 noch ein Lebenszeichen senden, doch nach fünf Spielen verteidigte Tampa Bay den Titel erfolgreich und beendete das Montreal-Märchen ohne Happy End.
Trotz der bitteren Pille blickte Gallagher schon nach vorne. "So schmerzhafte es jetzt gerade ist, manchmal braucht man genau das, um sich Champion nennen zu können" sagte er nach der Niederlage. "Ich wünschte das wäre nicht der Fall. Vielleicht ist es der Weg, den wir gebraucht haben. Es schmerzt, das ist klar, aber man zieht aus einer Niederlage mehr als aus einem Sieg." Mit der neuen Erfahrung und der Moral aus den Playoffs gehen die Canadiens gestärkt in die kommende Saison.