Craig Berube

Vom 1. August an nimmt NHL.com/de in der Serie 32 in 32 täglich ein Team der Liga mit Blick auf die Saison 2024/25 unter die Lupe. Die zweiteilige Bestandsaufnahme besteht aus einer Analyse und einem Beitrag mit drei zentralen Fragen, mit denen sich die Mannschaften auseinandersetzen müssen.

In dieser Ausgabe: Die Analyse der Toronto Maple Leafs

Anspruch und Wirklichkeit haben bei den Toronto Maple Leafs mitunter wenig gemeinsam. Einerseits gelten die Maple Leafs als das wertvollste Eishockeyteam der Welt. Laut einem Ranking von dem Wirtschaftsmagazin „Forbes“ aus dem Jahr 2023 hat das Franchise einen Wert von 2,8 Milliarden US-Dollar.

Die sportlichen Erfolge liegen trotzdem schon längere Zeit zurück. Der letzte Gewinn des Stanley Cup datiert von 1967. In den zurückliegenden acht Spielzeiten erreichten die Kanadier zwar stets die Playoffs. Allerdings gelangten sie nur einmal – und zwar in der Saison 2022/23 – in die 2. Runde. In einer Stadt, in der Eishockey so einen hohen Stellenwert hat, ist dies eine eher enttäuschende Bilanz.

In der zurückliegenden Spielzeit belegte Toronto mit einer Bilanz von 46-26-10 den 3. Platz in der Atlantic Division und scheiterte dann gleich in der ersten Runde der Postseason mit 3:4 in der Serie an den Boston Bruins. Die Konsequenz war, dass Trainer Sheldon Keefe entlassen wurde. Sein Nachfolger heißt Craig Berube. Der Kader wurde ebenfalls verstärkt. Ob dies zu einer erfolgreichen Saison führen wird?

Craig Berube

Die wichtigsten Veränderungen im Kader

Die Maple Leafs haben in der Offseason vor allem einen Mannschaftsteil gestärkt: die Defensive. In Chris Tanev, der bereits für die Vancouver Canucks und die Calgary Flames sowie zuletzt für die Dallas Stars aktiv war, wurde einer der begehrtesten Verteidiger der Free Agency unter Vertrag genommen. Der 34-Jährige unterzeichnete einen Sechsjahresvertrag über 27 Millionen US-Dollar. „Chris ist ein absoluter Profi. Er ist in der Lage, harte Minuten gegen Spitzenspieler zu spielen“, lobte General Manager Brad Treliving. 

Mit Oliver Ekman-Larsson, der mit den Florida Panthers gerade den Stanley Cup gewann, und Jani Hakanpaa, der die vergangenen drei Spielzeiten bei den Dallas Stars verbrachte, sind noch zwei weitere Top-Verteidiger hinzugeholt worden. Philippe Myers (zuletzt Tampa Bay Lightning) und Dakota Mermis (Minnesota Wild) sind ebenso neu dabei. „Wir haben jetzt eine tolle Gruppe von Verteidigern. Ich habe lieber zu viele von ihnen als zu wenige“, sagte der GM. 

Veränderungen gibt es zudem auf der Goalie-Position: Ilya Samsonov wanderte als Free Agent zu den Vegas Golden Knights ab. Dafür bekam der talentierte Joseph Woll mit Anthony Stolarz, der ebenfalls vom Stanley-Cup-Sieger aus Florida kommt, einen neuen Kollegen an die Seite gestellt.

BOS@TOR R1, Sp6: Woll wehrt 22 Schüsse beim Sieg der Maple Leafs ab und erzwingt Spiel 7

Zu den Abgängen zählen ansonsten noch Tyler Bertuzzi und T.J. Brodie (beide Chicago Blackhawks) sowie Joel Edmundson (Los Angeles Kings).

Schlüsselspieler

Während es in der Defensive viele Veränderungen gab, ist die Offensive so prominent besetzt wie bei kaum einer anderen Mannschaft der NHL. Die teamintern erfolgreichsten Scorer der zurückliegenden Spielzeit waren Auston Matthews (69 Tore, 38 Assists), William Nylander (40 Tore, 58 Assists), Mitch Marner (26 Tore, 59 Assists) und John Tavares (29 Tore, 36 Assists).

Vor zwei Wochen gaben die Maple Leafs bekannt, dass Matthews das Kapitänsamt von Tavares übernimmt. „Es war eine unglaubliche Ehre, in den letzten fünf Saisons als Kapitän der Toronto Maple Leafs zu dienen“, sagte Tavares. „Mit Blick auf die Zukunft werde ich alles tun, um Auston auf unserer Jagd nach dem Stanley Cup zu unterstützen.“

TOR@BOS R1, Sp2: Matthews sorgft für die Führung

Der Top-Star der Verteidigung ist Morgan Rielly. Der 30-Jährige war in der zurückliegenden Spielzeit mit 51 Assists der drittbeste Vorlagengeber seiner Mannschaft. 

Spieler aus dem DACH-Raum

Fehlanzeige 

Stärken

Die Maple Leafs haben grundsätzlich in der Offensive sehr viel Durchschlagskraft. In der regulären Saison erzielten sie 298 Tore, im Schnitt also 3,63 pro Spiel. Dies war der zweitbeste Wert hinter den Colorado Avalanche, die 302 Treffer verbuchten. Pro Spiel bekam Toronto durchschnittlich 32,6 Torschüsse zustande und belegte dadurch Rang 7 in der NHL. Auch die Erfolgsquote im Powerplay von 24,0 Prozent langte zu Platz 7. 

Matthews zählt zweifelsohne zu den individuell besten Spielern der NHL. Mit 69 Toren war er in der regulären Spielzeit der erfolgreichste Torjäger der Liga. Die gegnerischen Defensiven können sich allerdings nicht nur auf ihn fokussieren, wenn er in der ersten Reihe einen Marner und einen hochtalentierten Matthew Knies an der Seite hat. Insgesamt gehören die beiden ersten Angriffsreihen von Toronto zum Besten, was die NHL zu bieten hat.

DET@TOR: Matthews erzielt sein 69. Saisontor

Verbesserungspotenziale

Die Maple Leafs scheiterten vergangene Saison daran, dass sie ihre Offensivqualität nicht in die Playoffs transportiert bekamen. Gegen Boston erzielten sie nur 1,71 Tore pro Spiel. Kein anderes Team war in der ersten Runde ungefährlicher. Dem Powerplay kam die Effektivität ebenfalls abhanden. Toronto konnte nur 4,6 Prozent der Überzahlspiele nutzen. 

Das Penalty Killing war zwar schon in der regulären Saison nicht überragend (76,9 Prozent, Platz 22), funktionierte in den Playoffs allerdings mit 64,7 Prozent noch wesentlich schlechter. Die Verteidigung hat ohnehin Verbesserungspotenzial. In der regulären Saison kassierten die Maple Leafs im Schnitt 3,18 Gegentore pro Spiel. Nur elf Mannschaften ließen mehr Treffer zu. 

Vielversprechende Talente

Der 20-jährige Center Fraser Minten, der beim NHL Draft 2022 in der 2. Runde gepickt wurde, absolvierte in der vergangenen Saison seine ersten vier Spiele in der NHL. Bei der IIHF Junioren-Weltmeisterschaft 2024 wurde er zum Kapitän von Kanada ernannt und erzielte in fünf Spielen drei Punkte (ein Tor, zwei Assists). Dr. Hayley Wickenheiser, Assistant General Manager der Maple Leafs, lobt Minten: „Für ihn geht es darum, nun ein dauerhafter Spieler der NHL zu werden. Er ist sehr nahe dran.“

Beim NHL Draft 2024 wählten die Maple Leafs an Position 31 Ben Danford. Der 18-jährige Verteidiger hat ein überragendes Spielverständnis, wird allerdings wohl den Weg über die OHL und AHL gehen, ehe er bei den Maple Leafs ankommt.

TOR Ben Danford

Playoff-Chancen

Auf dem Papier verfügen die Maple Leafs über einen der besten Kader der NHL. Die Offensive glänzte bereits in der zurückliegenden Spielzeit mit einer hohen Effektivität. Die Verteidigung wurde ordentlich verstärkt. Nur hinter dem Towart-Duo steht ein kleines Fragezeichen (siehe: Drei Fragen bei den Maple Leafs). Der Einzug in die Playoffs dürfte dieser Star-Truppe nicht zu nehmen sein. Ob sie allerdings auch in der K.o.-Runde funktioniert, ist völlig offen.

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