Leon Draisaitl ließ sich nicht viel anmerken. Er saß in der Kabine, war umringt von Mikrofonen und beantwortete ruhig und besonnen die Fragen der Journalisten. Und doch gab der Center der Edmonton Oilers nach dem 4:3-Sieg nach Verlängerung am Dienstag gegen die Philadelphia Flyers zu, dass er eine Erleichterung verspürt. „Es ist immer schön, den ersten Sieg feiern zu dürfen. Hoffentlich können wir etwas Schwung mitnehmen, für etwas Selbstvertrauen in unserer Gruppe sorgen und darauf aufbauen.“

Den Oilers, die vergangene Saison noch im Finale um den Stanley Cup standen und daher als einer der Top-Favoriten der Saison 2023/24 gelten, drohte im vierten Saisonspiel die vierte Niederlage. Bis vier Minuten vor Spielende lagen sie mit 2:3 zurück. Eine weitere Pleite wäre für die Stimmungslage fatal gewesen, zumal sich die ersten vier Saisonspiele alle im heimischen Rogers Place abspielten.

Doch der totale Fehlstart konnte abgewendet werden, indem Evan Bouchard nach einer Vorarbeit von Draisaitl und Connor McDavid zum 3:3 traf. „Unsere besten Spieler haben sich wirklich gut geschlagen“, lobte Edmontons Trainer Kris Knoblauch. „Beim Ausgleichstor, arbeitete Leon an der Bande, McDavid spielte einen Pass und Bouchard traf. Diese Jungs waren auf dem Eis, um das entscheidende Tor zu machen. Wir brauchen diese Jungs, die in den entscheidenden Momenten wichtige Spielzüge machen. Und das haben sie heute Abend definitiv getan.“

McDavid bereitet Siegtreffer für Draisaitl vor

Die Entscheidung fiel in der Verlängerung nach 56 Sekunden: Nachdem Torwart Stuart Skinner einen guten Abschluss der Flyers parierte, gewann McDavid den Puck und schaltete schnell um. Zwar scheiterte er im Eins-gegen-Eins an Torwart Samuel Ersson, blieb aber im Puckbesitz und legte für Draisaitl vor, der die Scheibe aus kurzer Distanz ins Tor knallte und den Rogers Place in ein Partyhaus verwandelte.

PHI@EDM: Draisaitl hat in der Overtime freie Bahn und besorgt den ersten Oilers-Sieg

„Es war ein schöner Backcheck von der 97 (Trikotnummer von McDavid) und ein guter Safe von Stuart. Ich hatte das Glück, den dann reinzumachen“, kommentierte Draisaitl den Siegtreffer. Für ihn und die Oilers kam dies einer Erlösung gleich: „Wir kratzen hier natürlich früh um Punkte. Also ist jeder Punkt, den wir holen können, wichtig. Und es war schön, zurückzukommen und dieses Spiel zu gewinnen.“

Nach den deutlichen Niederlagen gegen die Winnipeg Jets (0:6), die Chicago Blackhawks (2:5) und die Calgary Flames (1:4) fanden die Oilers auch gegen Philadelphia nur schlecht in die Partie und lagen nach nicht einmal zehn Minuten bereits mit 0:2 zurück. Ein Großteil der 18.347 Zuschauer erstarrte nach dem zweiten Gegentreffer, sodass Stille in der Arena herrschte – sieht man einmal von den wenigen anwesenden Fans der Flyers ab, die den Doppelpack von Matvei Michkov bejubelten. Kurz darauf wurde von den Fernsehkameras Draisaitl eingefangen, wie er auf der Bank saß und fassungslos den Kopf schüttelte.

Schwachstelle Penalty Killing

Die ersten beiden Gegentore ereigneten sich beim Powerplay der Flyers, sodass das Unterzahlspiel weiterhin die große Schwäche von Edmonton bleibt. Die Penalty-Kill-Quote von 56,3 Prozent ist die schwächste der Liga und ein echtes Alarm-Signal. Das Unterzahlspiel von Edmonton war zwar auch in der zurückliegenden Spielzeit nur Liga-Durchschnitt, mit 79,5 Prozent aber dennoch erheblich besser als jetzt.

Umso wichtiger allerdings, dass sich Edmonton von dem erneuten Rückschlag nicht entmutigen ließ und das Spiel drehte. Adam Henrique und Connor Brown erzielten die ersten beiden Treffer des Tages für Edmonton. „In diesen Spielen gibt es immer die Möglichkeit, gut darauf zu reagieren. Und ich denke, das ist uns heute Abend gelungen“, sagte Henrique. „Wir haben gut reagiert und einen Weg gefunden, uns zurück zu kämpfen und aus einem großartigen späten Tor und einem Tor in der Verlängerung Kapital zu schlagen. Das ist ein großer Sieg für uns.“

McDavid auf den Spuren von Wayne Gretzky

Historische Marken erreichte McDavid, der zwei Assists beisteuerte und dadurch sein 301. Multi-Punkt-Spiel verbuchte. Damit übertraf er in der Franchise-Historie Mark Messier, dem dies 300-Mal gelang. Noch mehr Spiele mit mehreren Scorer-Punkten gelang lediglich Wayne Gretzky, der dies im Dienst der Oilers 472-Mal vollbrachte.

Ebenfalls bemerkenswert: McDavid hat aufgrund des Assists in der Overtime bereits 36 Scorer-Punkte in der Verlängerung verbucht. Dies ist der siebthöchste Wert der NHL-Geschichte. Die einzigen Spieler mit mehr Overtime-Punkten sind Sidney Crosby (44), Evgeni Malkin (40), Alex Ovechkin (40), Patrick Kane (39), Johnny Gaudreau (37) und Patrik Elias (37).

Wichtiger als solche Statistiken dürfte den Oilers allerdings sein, dass der Triumph gegen die Flyers nachhaltig ist und eine erfolgreiche Saisonphase einläutet. Draisaitl und seinen Mitstreitern stehen jetzt zwei Auswärtsspiele bei den Nashville Predators (am Donnerstag) und den Dallas Stars (am Samstag) bevor.

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