Draisaitl stellt eine neue Bestmarke auf

Marco Sturm ist seinen Rekord als punktbester deutscher NHL-Spieler aller Zeiten gut neun Jahre nach seinem Ausstieg aus der NHL schon wieder los. Der gebürtige Dingolfinger und ehemalige Stürmer beendete seine 15-jährige NHL-Karriere im April 2012 mit 487 Punkten (242 Tore, 245 Assists) in 938 Spielen der regulären Saison. Seit heute steht ein anderer Deutscher an der Spitze, von dem es früher oder später abzusehen war, dass er diese Marke erreichen würde, aber so schnell?

Leon Draisaitl steht seit der Partie seiner Edmonton Oilers am Montag gegen die Winnipeg Jets bei 488 Punkten (191 Tore, 297 Assists) in nur 468 Spielen und damit weniger als die Hälfte, die Sturm benötigt hatte. Eine beeindruckende Leistung!
Das findet auch der bisherige Rekordinhaber selbst, der sich in einem exklusiven Interview mit NHL.com/de vor allem über Draisaitl und was es bedeutet, der punktbeste Spieler seines Landes zu sein, äußerte.
Was sagst du dazu, dass dich Draisaitl schon nach nicht einmal der Hälfte deiner absolvierten Spiele bei den NHL-Punkten eingeholt hat?
"Es war nur eine Frage der Zeit. Wenn man den Leon in den letzten Jahren verfolgt hat, dann ist es jetzt keine Überraschung. Er ist mittlerweile einer der besten Spieler der Welt und das zeigt er auch dieses, wie letztes Jahr. Er zeigt, wie wertvoll er für diese Mannschaft ist. Er macht in einer Konsequenz jedes Spiel seine Tore und Punkte, so dass er es verdient hat, den Rekord jetzt schon zu übernehmen."

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Würdest du beipflichten, dass er ein mehr als würdiger Nachfolger für dich ist?
(lacht) "Das mit Sicherheit. Aber ganz im Ernst, ich weiß es nicht, ob jemals wieder ein deutscher Spieler dieses Niveau erreichen wird, auf dessen Weg der Leon jetzt ist. Und vor allem so schnell zu dieser Marke kommen wird, wie jetzt der Leon. Er ist noch jung und spielt hoffentlich noch eine ganze Weile. Es wird interessant sein zu sehen, wie es in zehn Jahren aussehen wird."
Wie war das Gefühl für dich, der punktbeste Deutsche in der NHL gewesen zu sein?
"Wenn ich ganz ehrlich bin, dann habe ich keine einzige Sekunde daran gedacht. Dieses Thema und diese Punktzahl war nie ein Thema. Ich wusste nicht einmal, wie viele Punkte ich hatte. Im Nachhinein, wenn man das hört, dann ehrt das einen schon. Als Sportler habe ich andere Ziele gehabt. Es ist etwas Schönes. Ich bin froh, dass ich so lange in dieser Liga spielen durfte und so gut abgeschnitten habe. Das hätte ich mir auch nie erträumt. Aber meine Ziele waren immer ein bisschen anders, mehr in Richtung den Stanley Cup zu gewinnen. Das habe ich leider nicht erreicht, aber nichtsdestotrotz ist es eine Belohnung für meine harte Arbeit, diese Marke in meiner Karriere erreicht zu haben."

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Wie wichtig sind Punkte, Statistiken und Rekorde für Spieler?
"Es ist nicht unwichtig, aber jeder ist anders. Es ist schwierig zu sagen, denn für einen Spieler in der vierten Reihe oder diejenigen, die um einen Vertrag kämpfen, sind Punkte schon wichtig. Für so einen wie Leon, Sidney Crosby, Connor McDavid oder Alex Ovechkin, die die ganz großen Nummern erreichen, ist es schon etwas Besonders. Für mich natürlich auch, aber nur für mich. Für den Rest ist das von mir Erreichte eher uninteressant. Ich war noch nie der Typ, der groß auf Punkte geschaut hat, aber es gibt auch andere, egal, ob es richtig oder falsch ist."
Welche Vorreiterrolle für Deutschland ist damit verbunden, diesen Rekord innezuhaben?
"Ich bin natürlich glücklich und wenn ich dieses Interview so führe, dann merke ich eigentlich erst selbst, was ich geleistet habe und das freut mich schon. Aber dass ich ständig an dieses denken würde, das ist eher nicht der Fall. Letztens haben wir in San Jose gespielt und ich bin immer noch unter den Top 10 der absolvierten Spiele dort. Ich habe es nicht einmal gewusst, aber wenn ich das dann lese, dann gefällt mir das schon. Ich bin ja irgendwie doch aus dem Nichts gekommen und habe für mich persönlich vieles erreicht. Dass damit eine gewisse Vorreiterrolle in deinem Land verbunden ist, ergibt sich von selbst und ist sehr erfreulich, wenn man sich dessen bewusst wird."
Wo siehst du Gemeinsamkeiten oder auch Unterschiede im Spielstil von Draisaitl zu dir?
"Puh, das ist eine schwierige Frage. Ich muss ganz klar zugeben, dass Leon auf einem ganz anderen Level ist, als ich es war. Bei allem, was er macht, ist er einfach besser. Er ist ein Superstar in dieser Liga, nicht nur wegen seiner Punkte und Tore. Es dreht sich alles um ihn. Die Mannschaft braucht ihn und er trägt mit McDavid diese Mannschaft. Wenn es bei den beiden nicht so gut läuft, dann ist der Prozentsatz nicht so hoch, dass sie das Spiel gewinnen. Von daher ist es schon ein deutlicher Unterschied zu mir und er wird sicher in den nächsten Jahren noch größer werden."

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Inwiefern denkst du, dass du mit deiner Karriere, aber auch Jochen Hecht, Draisaitl angespornt und ihr eine Vorreiterrolle für ihn eingenommen habt?
"Ich hoffe es. Beim Leon weiß ich es nicht, aber bei meinen Nachfolgern in San Jose, wie Marcel Goc, Christian Ehrhoff und Dimitri Pätzold. Da habe ich, glaube ich, schon dazu beigetragen, dass sie in San Jose landen konnten. Ich wäre schon so gewesen, dass ich das an seiner Stelle verfolgt hätte. So habe ich Uwe Krupp, auch wenn es ein Verteidiger war, in der NHL verfolgt, was der so gemacht und geleistet hat. Als er den Stanley Cup gewonnen hat, dachte ich mir, ob ich das auch erreichen kann? Aber Leon wird sicher für Tim Stützle das perfekte Vorbild sein. Beide sind in der deutschen Jugend groß geworden. Beide sind annähernd den gleichen Weg gegangen. Also das motiviert einen schon, wenn man ein sogenanntes Vorbild vor sich hat."
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