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Jeden Samstag ermöglicht Euch nhl.com/de mit dem wöchentlichen Advanced Analytics Feature einen Blick hinter die Zahlen. Von Schüssen über Tore bis hin zu Eiszeit und darüber hinaus möchten wir Euch die statistischen Trends und Themen näherbringen, um Euer NHL-Wissen zu erweitern. In dieser Ausgabe analysieren wir den Einfluss der Schusshand auf die Punkteausbeute von Mittelstürmern.

Ähnlich wie beim Fußball, wo es Rechts- und Linksfüßer gibt, unterscheidet man beim Eishockey zwischen Links- und Rechtsschützen. Die starke Seite hängt hier von der Vorhand ab. So haben Linksschützen die linke Hand unten am Schläger, bei Rechtsschützen ist die rechte Hand weiter unten platziert, was aber nichts damit zu tun hat, ob jemand Links- oder Rechtshänder ist, wie viele Laien glauben. In der NHL sind von 806 eingesetzten Spielern in der laufenden Saison 498 Linksschützen und 308 Rechtsschützen.
Eine Wissenschaft für sich
Wo die jeweiligen Spieler eingesetzt werden, ist eine Wissenschaft für sich. Gegen Mannschaften, die das Spiel an die Bande zwingen, operieren Flügelstürmer gerne auf ihrer starken Seite (Linksschützen auf links, Rechtsschützen auf rechts), um an der Bande mit der Vorhand spielen zu können. Spielmacher etwa haben auf ihrer starken Seite meist bessere Pass-Winkel und tun sich dort entsprechend leichter. Genau umgekehrt ist es bei Scharfschützen, die meist lieber versetzt, also auf ihrer schwachen Seite (Linksschützen rechts, Rechtsschützen links) spielen, um bessere Schusswinkel - vor allem bei Direktabnahmen - zu ermöglichen.
Dieses Phänomen gibt es nicht nur bei Flügelstürmern, sondern auch bei Verteidigern zu beobachten. Auch bei den Special Teams wird gerne variiert. So spielen Spieler in Unterzahl bevorzugt auf der starken Seite, um an den Banden besser arbeiten sowie auch besser klären zu können. Im Powerplay wird dann gerne auf der schwachen Seite gespielt, um mehr Schüsse aufs Tor zu generieren und gefährliche Direktabnahmen zu ermöglichen. So suchen die Washington Capitals ihren schussgewaltigen Rechtsschützen Alex Ovechkin im Überzahl immer wieder am linken Bullykreis, wo der Russe dann mit fulminanten Direktabnahmen Tore knipst.

Ovechkin_shoots

Linksschützen die besseren Torjäger? Rechtsschützen die besseren Spielmacher?
Doch wie ist es bei Centern, die - wie der Name schon sagt - über die Mitte kommen und somit eigentlich keine starke oder schwache Seite haben? Bislang wurden in der NHL 159 linksschießende und 87 rechtsschießende Mittelstürmer eingesetzt. Unter den Linksschützen sind mit Sean Couturier (Philadelphia Flyers, 26 Tore), William Karlsson (Vegas Golden Knights, 25) und John Tavares (New York Islanders, 25) gleich drei Schützen, die die 25-Treffer-Marke knacken konnten. Bei den Rechtsschützen kommen die besten drei Torjäger Nathan MacKinnon (Colorado Avalanche, 22), Tyler Seguin (Dallas Stars, 22) und Patrice Bergeron (Boston Bruins, 19) nicht über diese Hürde.
Bei der Betrachtung der Torvorlagen sprechen die Zahlen wiederum eine andere Sprache: Unter den Rechtsschützen knackten mit Claude Giroux (Philadelphia Flyers, 40 Assists), Steven Stamkos (Tampa Bay Lightning, 36) und MacKinnon (35) gleich drei Center die 35-Vorlagen-Schallmauer. Bei den Linksschützen überschritt nur Connor McDavid (Edmonton Oilers, 37) diese Marke - es folgen Sidney Crosby (Pittsburgh Penguins 33), Henrik Sedin (Vancouver Canucks), Evgeny Kuznetsov (Washington Capitals) und Tavares (je 30). Sind rechtsschießende Mittelstürmer also die besseren Spielmacher und linksschießende Center die besseren Scharfschützen?

Statistik kontra Dynamik
Durch die ungleiche Verteilung der Anzahl von Links- und Rechtsschützen helfen absolute Zahlen hier kaum weiter. Interessanter ist die Betrachtung der Durchschnittswerte. So kommen linksschießende Mittelstürmer im Schnitt auf 6,9 Tore, 8,9 Assists und 15,8 Scorerpunkte pro Spieler, während rechtsschießende Center auf 6,5 Treffer, 10,5 Vorlagen und 17 Punkte pro Spieler kommen. Eine Statistik, die die aufgestellte Hypothese stützt.
Allerdings ist zu sagen, dass sich auch Center nicht statisch auf dem Eis bewegen und durchaus auch während des Spiels kurzerhand die Rollen mit ihren Flügelstürmern tauschen. So bringt jeder Angriffszug eine neue Situation mit Vorteilen für Passgeber und schießwütige Spieler. Die Schusshand spielt übrigens auch bei der verteidigenden Mannschaft eine Rolle, etwa was das Blocken von Schüssen oder der Einsatz von Poke-Checks angeht. Eishockey ist nun einmal eine Wissenschaft für sich.