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Vom 1. August an nimmt NHL.com/de in der Serie 32 in 32 täglich ein Team der Liga mit Blick auf die Saison 2023/24 unter die Lupe. Die zweiteilige Bestandsaufnahme besteht aus einer Analyse der wichtigsten personellen Veränderungen, der Schlüsselspieler, den Stärken und Schwächen, der Playoff-Chancen und einem gesonderten Spielerporträt.

In dieser Ausgabe: David Reinbacher von den Montreal Canadiens

Der NHL Draft 2023 war historisch: An der fünften Stelle wählten die Montreal Canadiens mit David Reinbacher einen Österreicher. Reinbacher wurde damit zum am frühesten ausgewählten Spieler Österreichs bisher und darf darauf hoffen, schnell den Sprung in die NHL zu schaffen.

Die Verkündung von Reinbacher war Carey Price vorbehalten, doch der verletzte Torhüter der Canadiens leistete sich mit einem Blackout einen medienwirksamen Fauxpas (er vergaß den Nachnamen) und verschaffte Reinbacher damit unverhofft noch mehr Aufmerksamkeit.

In den Tagen nach dem Draft wandelte sich das Bild, und anstelle der für Price etwas peinlichen Clips der Namensverkündung wurden die Qualitäten von Reinbacher in Frage gestellt. Die grundsätzlich eher kritischen Anhänger der Canadiens zweifelten daran, ob der Verteidiger so früh hätte gewählt werden müssen und ob es nicht deutlich bessere Akteure gegeben hätte.

Der 18-jährige Reinbacher ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und erklärte selbstsicher, dass er die Zweifler dann eben vom Gegenteil überzeugen wird. Gleichzeitig freute er sich über seine Wahl durch die Montreal Canadiens, die er schon vor dem Draft als eine der interessierten Mannschaften identifiziert hatte.

Die Integration in die Mannschaft ging recht schnell vonstatten. "Jetzt bist du hier und sie schreiben dir eine SMS, das ist verrückt. Ich kann es nicht glauben", beschrieb er die Nachrichten, die ihn von Price, Nick Suzuki und Cole Caufield erreichten.

Der Draft war für Reinbacher nur der erste Schritt, das erklärte er direkt nachdem sich die Aufregung gelegt hatte. Anfang Juli schuftete er im Entwicklungscamp der Canadiens, um sich einen Platz in der NHL zu erarbeiten. Dabei bestätigte Reinbacher die Eindrücke, die die Canadiens in vielen Scouting-Sessions über ihn gewonnen hatten.

In der vergangenen Saison war der EHC Kloten ein beliebtes Ziel für NHL-Scouts. Reinbacher wurde ausgiebig beobachtet, und in der National League, der höchsten Schweizer Profiliga, gelang ihm eine überzeugende Saison mit 46 Einsätzen, drei Toren und 19 Vorlagen.

Im Entwicklungscamp überzeugte Reinbacher nicht nur den ebenfalls 2023 gedrafteten Lane Hutson, mit dem er regelmäßig zusammen auf dem Eis stand, sondern auch die restliche Canadiens-Organisation. Rob Ramage, Direktor für Spielerentwicklung, sah einen Rohdiamanten, der immer alles gegeben hatte und nur so vor Ehrgeiz strotzte.

Am 5. Juli, einen Tag nach dem Ende des Entwicklungscamps, unterzeichnete Reinbacher seinen auf drei Jahre datierten Entry-Level-Vertrag. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich der raue Gegenwind der Kritik wieder verringert. Die Leistungen im Camp und der volle Einsatz versöhnten die Anhänger mit ihrem neuen potentiellen Top-Verteidiger, und so konnte er einige positive Botschaften mit nach Österreich nehmen, die für weitere Motivation über den Sommer sorgen sollte.

"Vielen Dank an alle Fans, die mir gute Nachrichten geschrieben haben", schloss Reinbacher das Statement zum Trainingslager. "Ich habe mich sehr willkommen gefühlt, besonders von den Mitarbeitern, den Besitzern und dem Manager. Sie haben mich mit offenen Armen empfangen, würde ich sagen. Jetzt ist es an der Zeit, zu arbeiten. Es gibt viel zu tun, und ich freue mich darauf."

Wenn der Verteidiger zur neuen Saison nach Montreal zurückkehrt, wird es nicht um ein Schaulaufen mit anderen Talenten gehen, sondern um einen Platz im NHL-Kader. Die aktuell neun NHL-Verteidiger, die die Canadiens im Kader haben, werden es dem Neuling sicher nicht leicht machen, einen der Defender-Spots zu ergattern.

Es wäre nicht überraschend, wenn die Canadiens einen ähnlichen Ansatz wählen, wie die Detroit Red Wings bei Moritz Seider. Der Deutsche wurde nach seiner Wahl 2019 erst für je ein Jahr in der AHL und der schwedischen Top-Liga mit viel Eiszeit entwickelt, ehe er 2021/22 zum besten Rookie der NHL avancierte.

Sollte für Reinbacher eine ähnliche Entwicklung vorgesehen sein, würde er im kommenden Jahr zwar noch nicht für die Canadiens auflaufen, doch sein Vertrag würde sich automatisch um diese beiden Spielzeiten verlängern. Dies wäre unter dem Gesichtspunkt der Kaderstruktur in Montreal ein nicht unwahrscheinliches Szenario.