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Für den deutschen Mittelstürmer Tim Stutzle von den Ottawa Senators ist die Saison 2022/23 an diesem Wochenende zu Ende gegangen. Bevor der 21-Jährige aus Viersen die Reise nach Deutschland antritt, sprach er in der kanadischen Hauptstadt noch über seine 90-Punkte-Saison, die außergewöhnliche Chemie mit seinen Reihenkollegen und eine mögliche WM mit dem DEB.

Karriere-Jahr mit 90 Scorerpunkten
Auch wenn es für Ottawa (39-35-8) nicht ganz für die Stanley Cup Playoffs 2023 gereicht hat (sechs Punkte Rückstand), spielte Stützle eine herausragende Saison: Der Deutsche wurde zum Nummer-1-Center, Gesicht der Senators und mit einem Karriere-Jahr mit 90 Scorerpunkten (39-51-90) auch zum Top-Scorer.

OTT@BUF: Stützle trifft für die Senators bei Überzahl

"Als Athlet musst du immer an dich glauben", antwortete Stützle auf die Frage, ob er so einen Einschlag selbst erwartet hatte. "Ich glaube auch, dass ich in dieser Liga ein guter Spieler bin. Ich habe im Sommer hart dafür gearbeitet und werde das auch weiterhin tun."
Doch Stützle glänzte nicht nur mit seiner Offensivpower, sondern steigerte sich besonders beim Defensivspiel, arbeitete emsig nach hinten mit und wurde im Vergleich zum Vorjahr deutlich robuster. Kein Wunder - immerhin spielt er als Top-Center in jedem Spiel gegen die Top-Spieler der Gegner.
"Das hat mich besser gemacht", betont Stützle. "Als junger Spieler denkst du immer, dass du offensiv spielen musst. Für mich war es wichtig, schnell zu lernen, dass es nicht nur darum geht, Punkte zu erzielen. Gegen die gegnerischen Top-Reihen zu spielen hat mich gelehrt, besser defensiv zu spielen. In unserer gesamten Mannschaft ging es nie darum, wer mehr Tore oder mehr Punkte hat, es ging uns ums gewinnen."
Viel Vertrauen vom Trainertream
So erhielt der 1,84 Meter große Linksschütze immer mehr Vertrauen, spulte unter allen Senators-Stürmern die meiste Eiszeit ab (im Schnitt 21:16 Minuten pro Spiel) und wurde im Powerplay und im Penalty Killing aufs Eis geschickt.
"Das bedeutet mir viel. Ich glaube, ich habe mir das Vertrauen des Trainerteams in dieser Saison erarbeitet und habe viel Eiszeit bekommen", sagt Stützle. "Ich liebe das Unterzahlspiel und versuche immer, den Puck so lange wie möglich zu halten und ihn nicht sofort wieder herzugeben und vielleicht selbst noch eine Chance zu kreieren. Ich glaube, dass uns das geholfen hat."
Eine außergewöhnliche Chemie: Bromance mit G und Chucky
Bei Gleichzahl spielte Stützle über weite Strecken der Saison in der ersten Reihe mit Power Forward Brady Tkachuk (23) und Spielmacher Claude Giroux (35). Zu beiden Linemates hat Stützle eine ganz besondere Beziehung.
Da wäre etwa die Bromance mit seinem ehemaligen Mitbewohner Tkachuk. "Er ist ein großartiger Typ. Seitdem ich hierhergekommen bin, hat er sich um mich gekümmert. Ihn um mich zu haben, hat mir viel bedeutet. Nicht nur als Spieler, sondern auch als Freund. So viel Spaß hatte ich in meiner Karriere noch nie. Wir haben so viel Spaß zusammen, egal ob auf Roadtrips oder zu Hause", erzählt Stützle und grinst: "Er ist echt lustig geworden. Das war er früher nie. Ich glaube, dass er noch lustiger aus dem Sommer zurückkehren wird."

OTT@NYI: Tkachuk trifft im 3. Drittel in Überzahl

Auch die Chemie mit dem 14 Jahre älteren Giroux passt perfekt, was an der Einstellung des Routiniers liegt. "Egal was wir machen, es ist immer ein Wettkampf. Egal, ob Tischtennis in der Kabine, Pickleball oder ein anderer Sport - immer, wenn wir gegeneinander antreten, dann kämpfen wir auch. Ich hasse es, ihn gewinnen zu sehen", lacht Stützle. "Er ist so ein großartiger Typ, einer der cleversten Hockeyspieler, mit denen ich jemals zusammengespielt habe. Ihn neben mir zu haben und jeden Tag von ihm zu lernen, war fantastisch. Er ist so ein Kämpfer. Alles was er macht, macht er mit Vollgas und gibt immer alles, was er hat. Er hasst es zu verlieren, genau wie ich. Er ist unglaublich."
Bei so viel Harmonie, Spaß und Ehrgeiz verwundert es nicht, dass das Trio die interne Scorerwertung in Ottawa anführt und wohl auch in der neuen Saison 2023/24 als Top-Linie gesetzt sein dürfte.
"Dass ich G (Giroux) und Chucky (Tkachuk) in einer Reihe habe, war etwas Besonderes, denn es sind zwei besondere Spieler. Wir arbeiten gut zusammen. Wenn es einem nicht gutgeht, dann sprich G ihn an und sorgt dafür, dass es ihm besser geht. Wir haben eine richtig gute Chemie aufgebaut. Auch Chucky ist ein Anführer, ein junger Kapitän. G neben ihm zu haben hilft auch ihm sehr."

WM mit Deutschland?
Bevor sich Stützle in den wohlverdienten Sommerurlaub verabschieden, warten die deutschen Eishockey-Fans noch gespannt auf die Entscheidung, ob der NHL-Superstar mit Deutschland an der Weltmeisterschaft 2023 in Finnland und Lettland teilnehmen wird.
Stützle beantwortete diese Frage im Vorjahr mit ja, reiste angeschlagen zur Nationalmannschaft und verletzte sich. Genau das gilt es aber, nun zu vermeiden.
"Ich werde oft danach gefragt, aber ich weiß es noch nicht", lässt sich der 21-jährige Mittelstürmer alle Optionen offen. "Die Saison ist ja gerade erst vorbei. Wir werden sehen, wie es läuft. Ich werde mich mit Pierre (General Manager Pierre Dorion) und D.J. (Trainer D.J. Smith) unterhalten und mir anhören, wie sie darüber denken. Dann sehen wir weiter..."
Priorität hat verständlicherweise die nächste NHL-Saison, denn Stützle will mit den Ottawa Senators nach sechs Jahren Abstinenz in die Playoffs zurückkehren.
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"Wir wollen nicht über Erwartungen sprechen. Für uns ist es wichtig, es von Spiel zu Spiel anzugehen", so Stützle. "Als Spieler willst du kein einziges Spiel verlieren, auch wenn es mal passiert. Du willst Vollgas geben. In dieser Liga musst du in jedem Spiel hart arbeiten. Wenn du das machst, kannst du viel erreichen."