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Vor dem Start der NHL Preseason 2024/25 am 21. September bietet NHL.com/de einen detaillierten Einblick in jedes Team.

In dieser Ausgabe: Colorado Avalanche

Im nordamerikanischen Sprachgebrauch, vor allem im Sport, redet man gerne vom Fenster. Das Fenster der Gelegenheit. Konkret geht es hier um die Gelegenheit, den Titel in der jeweiligen Sportart zu gewinnen, bevor es an den Wiederaufbau – Rebuild – geht. Dieses Fenster ist für die Colorado Avalanche immer noch weit geöffnet. Der Rebuild steht noch nicht an. Trainer Jared Bednar verfügt über einen Kader, der höchsten Ansprüchen in der besten Eishockeyliga der Welt genügt und der zu mehr fähig ist, als das, was in der vergangenen Saison herausgekommen ist. Da war bereits in der zweiten Playoffrunde der Western Conference Endstation. Mit 2:4 Siegen unterlag Colorado den Dallas Stars.

Das geschah mit einem Kader, zu dem hoch veranlagte Akteure wie die Stürmer Nathan MacKinnon, Mikko Rantanen und Casey Mittelstadt sowie die Verteidiger Cale Makar und Devon Toews gehörten und immer noch gehören. Dazu kommen gestandene NHL-Spieler wie Artturi Lehkonen, Jonathan Drouin, Josh Manson und Alexandar Georgiev.

Die Aufmerksamkeit wird sich auch in dieser Saison vor allem wieder auf MacKinnon richten. Die große Frage wird sein: Kann er seine Fabelstatistiken aus der vergangenen Spielzeit wiederholen? Satte 140 Scorerpunkte (51 Tore, 89 Assists) verbuchte er in der regulären Saison. Als Belohnung gab es bei der Zeremonie in Las Vegas reichlich Ausstattung für den Trophäenschrank im Hause MacKinnon – die Hart Memorial Trophäe als wertvollster Spieler der Liga sowie den Ted Lindsay Award. Es war die zweite Saison in Folge mit über 100 Scorerpunkten für den Kanadier.

Auf ihm wird in der bevorstehenden Saison erneut die Hauptlast im Angriff liegen. Er ist bereit, diese Verantwortung zu übernehmen. In der Saison 2023/24 war seine Leistung dafür mitverantwortlich, dass die Avalanche mit 302 geschossenen Toren den besten Angriff der Liga in der regulären Saison stellte. So war Colorado der Beweis für die alte Weisheit, dass Offensive zwar Spiele, eine gute Defensive aber Meisterschaften gewinnt. Eine weitere MVP-Saison von MacKinnon wird 2024/25 nicht unbedingt herauskommen müssen, auch wenn die Fans in der Ball Arena das selbstverständlich gerne sehen und es auch ohne Frage helfen würde. Er muss die Teamkollegen mitreißen, sie besser machen. Und auch das ist ihm erneut zuzutrauen.

Unterstützung in der offensiven Produktion wird er hauptsächlich von Mikko Rantanen bekommen müssen. Mit 42 Toren und 62 Vorlagen hatte auch der Finne die zweite 100-Scorerpunkte-Saison in Folge. Die erste Reihe komplettieren wird wohl Jonathan Drouin. Der Kanadier, der mit MacKinnon schon im Juniorenbereich zusammengespielt hat, stellte in der vergangenen Saison mit 56 Punkten (19-37) eine persönliche Bestleistung auf. Im Sommer unterschrieb er einen neuen Vertrag über ein Jahr in Denver. Die Verantwortlichen der Avalanche hoffen, dass er sich noch mal steigern kann. „Ich denke, Jonathan war großartig für uns. Aber die Avalanche war auch großartig für Jonathan“, meinte MacFarland.

MacKinnons schönste Tore der Saison 2023/24

Die zweite Reihe wird Casey Mittelstadt anführen. Im Gegensatz zu Ryan Johansen, der im Tausch für Sean Walker zu den Philadelphia Flyers transferiert wurde, wusste Mittelstadt, der aus Buffalo nach Colorado kam, zu überzeugen. Doch wer sind seine Nebenleute? Artturi Lehkonen und Nikolai Kovalenko könnte eine Möglichkeit sein. Doch Lehkonen musste sich im Sommer einer Schulteroperation unterziehen. Ob er rechtzeitig wieder fit ist, bleibt abzuwarten.

Und da Valeri Nichushkin noch nicht verfügbar ist – er ist noch mindestens bis November im Assistance Programm der Spielergewerkschaft NHLPA – sieht es nach hinten raus in der Abteilung Attacke zunächst etwas dünn aus. Weshalb um die Plätze in den hinteren Sturmreihen in der Vorbereitung ein heißer Konkurrenzkampf entbrennen dürfte. Das wiederum sollte den Trainer freuen. Denn die Chance, sich im NHL-Kader einen Platz zu sichern, sollte sich bei den Spielern leistungsfördernd auswirken. Und alle Spieler wissen, dass auf den hinteren Positionen eher mal rotiert wird. Trotzdem sollte General Manager MacFarland in der Sturmtiefe im Lauf der Saison noch mal nachbessern, wenn es für den ganz großen Wurf am Ende reichen soll. Helfen könnte da das Comeback des Kapitäns. Gabriel Landeskog hat nach mehreren Knieoperationen wieder vorsichtig erste Schritte auf dem Eis unternommen. Doch wann und ob der Schwede überhaupt zurückkommt, ist unklar. Klar ist dagegen: Seine Dienste auf dem Eis und abseits davon in der Kabine würden den Avalanche gut zu Gesicht stehen. Zumal mit Andrew Cogliano und Zach Parise zwei erfahrene Stürmer ihre Karrieren beendet haben.

Kein Problem ist der Faktor Tiefe dagegen in der Abwehr. Denn da hat Bednar genügend Akteure zur Verfügung. Angeführt wird die Verteidigung von Cale Makar und Devon Toews. Dahinter sorgt der quirlige Samuel Girard für zusätzliche Gefahr nach vorne, während Josh Manson sowie die Neuzugänge Calvin de Haan und Erik Brannstrom vor allem vor dem eigenen Kasten für Ordnung sorgen sollen. Routinier de Haan stand in der vergangenen Saison in Diensten der Tampa Bay Lightning. In 59 Spielen erzielte er drei Tore und bereitete sieben Treffer vor. Brannstrom hat sich in den vergangenen beiden Spielzeiten bei den Ottawa Senators zu einem soliden NHL-Verteidiger entwickelt.

Die klare Nummer eins im Tor ist und bleibt Alexandar Georgiev. Mit 38 Siegen hat er die zweitbeste Karriere-Leistung in der vergangenen Spielzeit abgeliefert. Dazu kamen zwei Shutouts. Mit 63 Einsätzen hatte er allerdings auch hinter Juuse Saros (Nashville Predators, 64) die zweitmeisten Starter in der NHL. Eine Stellschraube, an der Bednar drehen kann, ist, die Arbeitsbelastung seines Top-Keepers etwas herunterzufahren, damit er in der entscheidenden Phase der Saison topfit ist.

COL@DAL R2, GM1: Georgiev zeigt einen unglaublichen Save in der Overtime

Erster Anwärter auf den Posten als Georgievs Stellvertreter ist Justus Annunen, nachdem Pavel Francouz seine Karriere beendet hat. Der Finne kam bereits in der vergangenen Saison 14-mal für die Avalanche zum Einsatz (8-4-1) mit einem Gegentorschnitt von 2,25, einer Fangquote von 92,8 Prozent und zwei Shutouts. Seine Aufgabe wird es aber auch sein, mit sehr guten Leistungen Georgiev anzutreiben, sodass dieser konstant auf einem hohen Level agiert. Ein Torwart, der dem Team Spiele gewinnen kann, ist auch eine der Voraussetzungen dafür, dass sich das Fenster nicht vorzeitig schließt.

Voraussichtliche Aufstellung

Jonathan Drouin – Nathan MacKinnon – Mikko Rantanen

Artturi Lehkonen – Casey Mittelstadt – Nikolai Kovalenko

Joel Kiviranta – Ross Colton – Logan O’Connor

Miles Wood – Jean-Luc Foudy – Chris Wagner

Devon Toews – Cale Makar

Samuel Girard – Josh Manson

Calvin de Haan – Erik Brannstrom

Alexandar Georgiev

Justus Annunen

Top-Talent, auf das es zu achten gilt

Nikolai Kovalenko (RW) – Der zunächst etwas dünn besetzte Sturm könnte die Chance für den Russen sein, sich einen Stammplatz bei den Avalanche zu sichern. Seine bisherige Karriere verbrachte der Rechtsaußen fast ausschließlich in Russland. Viermal spielte er in der vergangenen Spielzeit aber schon für die Colorado Eagles in der AHL. Sein NHL-Debüt gab er in den Playoffs der vergangenen Saison gegen die Winnipeg Jets. Er blieb zwar ohne Scorerpunkt, doch er hat den Coach überzeugt. „Wir wollten ihn sehen. Er spielt auf dem rechten Flügel, schießt links. Er ist ehrgeizig, darum haben wir ihn hochgeholt“, sagte Bednar nach dem Debüt des Russen am 28. April. „Wir hatten das Gefühl, dass er eine gute Option und fähig ist, einzuspringen. Und das hat er getan.“ Was er in den wenigen Minuten, die Kovalenko bekommen habe, gesehen habe, habe ihm gefallen. „Er hat Verantwortung übernommen, hat eine gute Scheibenkontrolle. Er ist physisch stark und hat keine Angst. Er freut sich, dass er hier ist.“ Im Trainingscamp kann sich Kovalenko für weitere Aufgaben, vielleicht sogar in Reihe zwei, empfehlen.

Was eine erfolgreiche Saison ausmacht

Ja, das Fenster, nach 2022 erneut den Stanley Cup in die Höhe zu stemmen, ist immer noch offen für die Colorado Avalanche. Und auch wenn die Konkurrenz in der Central Division kräftig aufgerüstet hat – vor allem die Nashville Predators –, so ist das Erreichen der Playoffs Pflicht für die talentierte Mannschaft um die Superstars MacKinnon und Makar. Doch das Ziel muss ein anderes sein. Diesmal soll nicht schon wieder früh in der K.o.-Runde Schluss sein. Die Mannschaft will noch einmal Anlauf nehmen, den Cup zu holen.

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