Dallas Stars v Edmonton Oilers - Game Three

Leon Draisaitl könnte in den nächsten Wochen der sechste Deutsche werden, der den Stanley Cup gewinnt. Der Mittelstürmer steht mit seinen Edmonton Oilers im Stanley Cup Finale und lieferte im bisherigen Playoff-Verlauf Punkte wie am Fließband. Das war schon im Junioren-Bereich so. NHL.com/de sprach exklusiv mit Draisaitl’s damaligen DNL-Trainer Frank Fischöder über einen jungen Goalgetter auf dem Weg zum NHL-Star.

Elite-Fähigkeiten waren früh erkennbar

Fischöder ist heute Sportlicher Leiter der Young Roosters, der Junioren-Abteilung des DEL-Klubs Iserlohn Roosters. Vor 13 Jahren war er Trainer der U18-Mannschaft der Jungadler Mannheim in der höchsten deutschen Nachwuchsklasse DNL, als ein gewisser Leon Draisaitl in seine Mannschaft kam.

„Es ist ja nicht so, dass er auf einmal in der Tür stand. Es gab schon vorher Gespräche mit seinen Eltern, um zu klären, wie das mit dem Internat und der Gastfamilie laufen wird“, blickt Fischöder im exklusiven Interview mit NHL.com/de zurück. „Als Leon hier ankam, war er in Sachen Schlittschuhlaufen kein Ästhet, er war aber von Anfang an da und hat brutal produziert. Mit Domme (Dominik Kahun) hatte er einen Spieler an seiner Seite, mit dem er sich blind verstanden hat.“

Das schlug sich auch in den Zahlen nieder: Im Jahr zuvor zerlegten Draisaitl (29 Spiele, 97-95-192) und Kahun (30 Spiele, 69-137-206) die Schüler-Bundesliga quasi im Paarflug. In seiner ersten vollen DNL-Saison sammelte Draisaitl 56 Scorerpunkte (21-35-56) in 35 Spielen und lieferte sich erneut einen Wettstreit mit Kahun (36 Spiele, 21-36-57) um die Top-Scorer-Krone.

Alle Highlights von Leon Draisaitl in Spiel 4

„Sein Spielverständnis und seine Fähigkeit, Tore zu schießen, hatte er von Anfang an“, erinnert sich Fischöder. „Da muss man sich nur mal seine Statistiken von damals anschauen. Dass er nicht nur deutlich mehr Punkte gesammelt hat, lag daran, dass er anderthalb Spiele nicht gespielt hat. Die habe ich ihm geklaut. Ich fand ihn von Anfang an brutal stark und habe ihm offensiv alle Freiheiten gegeben. Backchecken war damals und auch am Anfang in der NHL nicht so sein Ding, aber das macht nichts. Wenn man ihn jetzt sieht, wie er spielt, dann ist das brutal komplett und erwachsen. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen.“

Schon damals ein Unterschiedsspieler

Als Scoring-Monster ist Draisaitl längst auch in der NHL bekannt. In sechs seiner zehn NHL-Spielzeiten punktete er dreistellig. Zuletzt schaffte er dieses Kunststück drei Jahre in Folge. In den Stanley Cup Playoffs 2024 legte der Oilers-Center eine brutale Konstanz an den Tag und punktete in 16 von 18 Spielen mindestens einmal (10-18-28).

„Es ist nicht nur seine Konstanz, sondern auch, dass er in entscheidenden Momenten Verantwortung übernimmt und Tore schießt“, sagt Fischöder. „Es gibt gute Spieler und es gibt Unterschiedsspieler. Er zeigt das gnadenlos von Spiel zu Spiel. Zusammen mit McDavid spielt er auch diese unerwarteten Pässe, die andere Spieler nicht spielen können. Es ist immer gut, wenn man ein Tandem hat, das sich perfekt ergänzt.“

Dieses enorme Potenzial, ein Unterschiedsspieler zu sein, steckte schon damals im gebürtigen Kölner. 

„Es gab damals eine Gruppe an sogenannten Führungsspielern, die brutal dominiert hatten. Diese Jungs haben immer hart gearbeitet und hatten ein klares Ziel vor Augen. Dazu zählte auch Draisaitl“, so Fischöder. „In engen Spielen und auf internationalen Turnieren war er ein Unterschiedsspieler. Er hat dich schon damals über die letzten Sekunden gebracht.“

Draisaitl teilt seine Emotionen mit den feiernden Oilers-Fans

Fischöder weist großen Einfluss zurück

Einen großen Anteil an der kometenhaften Entwicklung Draisaitls weist sein damaliger Junioren-Trainer aber konsequent von sich. 

„Ich finde es immer schwierig, von Einfluss zu sprechen“, sagt Fischöder. „Top-Jungs sind Top-Jungs. Sie beschäftigen sich immens viel mit Eishockey, haben einen brutalen Ehrgeiz. Man schafft also einen Rahmen, begleitet sie und muss eher mal auf die Bremse treten. Die Jungs hatten mit 16 schon mehr Eishockey-Spiele im Internet gesehen als ich heute. Sie kamen zu mir und haben gesagt: ‚So wollen wir Powerplay spielen, wir wollen das probieren‘. Für mich ging es eigentlich eher darum, diese Jungs nicht in ihrer Entwicklung zu hindern, was wichtig bei kreativen Spielern ist. (lacht) Ich bin also einfach nur froh, dass ich ihn nicht zerstört habe.“

Draisaitl konnte seine offensiven Fähigkeiten also voll ausprägen und entwickelte sich zu einem der besten Eishockey-Spieler auf diesem Planeten. Nun steht er erstmals überhaupt im Stanley Cup Finale und könnte der sechste Deutsche werden, der den Heiligen Gral gewinnt.

„Mich freut es immer, wenn Jungs, mit denen ich arbeiten durfte, Erfolg haben. Für Leon ist das jetzt die höchste Trophäe, die du erreichen kannst. Jeder weiß, wie schwer es ist, das Stanley Cup Finale zu erreichen. Ich hoffe, er genießt es und hat Spaß dabei“, sagt Fischöder und drückt aus dem Sauerland beide Daumen für seinen ehemaligen Schützling: „Ich finde, das hat er sich verdient. Auch die Oilers nach dieser langen Zeit. Es wäre sehr wichtig für die Stadt. Ich mochte Edmonton schon immer und möchte, dass Leon jetzt gewinnt!“

Draisaitl dankt Fischoeder: „Er war ein großartiger Trainer“

Und was sagt Draisaitl über seinen früheren Jugendtrainer? Er denkt gerne an Fischoeder zurück und bescheinigt ihm einen großen Einfluss. „Er war wahrscheinlich der erste Trainer, der meinem Spiel wirklich Struktur und Entschlossenheit verlieh. Er hat mich wirklich gepusht und wusste, wie gut ich sein konnte. Er hat mir alle Werkzeuge gegeben, die ich brauchte, um der Spieler zu werden, der ich heute bin. Ich bin ihm sehr, sehr dankbar, er war ein großartiger Trainer“, sagte Draisaitl gegenüber NHL.com/de.

"Ich war 13 und hatte ihn drei Jahre lang. Das waren sehr wichtige Jahre und ich bin froh, dass ich ihn damals hatte. Ich glaube, er hatte auch selber ein bisschen gespielt. Ich weiß nicht, wie weit oben er gespielt hat, aber er war ein sehr guter Trainer, besonders in diesem Alter. Er war sehr anspruchsvoll, und das braucht man in diesem Alter manchmal. Er war wirklich gut."

\NHL.com-Redakteur Derek Van Diest lieferte die Statements von Draisaitl \

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